Unter dem Einfluss der Sprache

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
gaia Avatar

Von

Der vorliegende Roman der Gewinnerin des Deutschen Buchpreises von 2021 ist der erste, den ich von der Autorin gelesen habe. Und gleich zu Beginn und auch durch das gesamte Buch hinweg wird klar, dass ihr sprachlich kaum jemand etwas vormachen kann. Inhaltlich geht es um eine Kulturressortleiterin einer großen Hauptstadtzeitung, die mit einem Skandalartikel einen wichtigen Intendanten gerechtfertigterweise aber ziemlich reißerisch des Machtmissbrauchs beschuldigte. Nun ist dieser Intendant tot. Durch Suizid. Und die Frage steht im Raum, ob der durch den Artikel losgetretene Shitstorm Ursache und damit die Journalistin Mitschuld am Tod des Intendanten hat.

Wir begleiten Hella Renata Karl von dem Moment an, in dem sie Nachricht vom Suizid des Intendanten Hochwerth erhält und folgen nun ihrem Weg durch den Shitstorm, der nun sie selbst überfällt, welche Folgen dieser für ihr berufliches wie auch privates Leben hat. Dabei betrachtet Strubel mit scharfem Blick die Kulturszene inklusive den berichtenden Medien und ihre Machtstrukturen und verarbeitet mit spitzer Feder diese ihr sicherlich selbst nicht unbekannten Gemengelagen in einen hoch interessanten Roman. Immer weiter werden wir in Hella Renata Karls Leben und Denken hineingezogen und fragen uns selbst manchmal, was hier eigentlich noch der Wahrheit entspricht und was nicht.

Die Sprache stellt für mich an diesem Roman das Herausragendste dar. Allein schon die Namenswahl der beiden Hauptfiguren ist mit Bedacht konstruiert. Da ist Hella („Sonnenschein“) Renata („wieder geboren“) Karl („freier Mann“/ erinnernd an Karl der Große, also auch „Hella die Große“?), welche aus ärmlichen, zerrütteten Verhältnissen stammt und gleich beim ersten Aufeinandertreffen vor sieben Jahren Hochwerth (spricht für sich mit deinem „hohen Wert“) als einen mit ähnlicher Vorgeschichte erkennt. Über Jahre entsteht zwischen ihnen eine Verbindung, die quasi in einem Machtkampf um Machtmissbrauch endet. Wer hat hier eigentlich über wen die Macht? Und wer hat den größeren Einfluss?

Über fast den gesamten Text hinweg konnte mich Strubel mit ihrer Sprache und dem Erzählstil fesseln und mitnehmen in dieses ganz eigene Milieu der Kultur in der Hauptstadt. Nur zum Ende hin hatte ich das Gefühl, dass die Handlung mir zu sehr wegdriftet und mich dadurch immer ein kleines bisschen mehr verloren hat.

Trotzdem ist „Der Einfluss der Fasane“ definitiv ein Roman, der die Autorin auf meinen Plan gebracht hat und dafür sorgen wird, dass ich noch weitere, ältere von ihr lesen werde. Ich stehe auf jeden Fall unter dem Einfluss von Antje Ràvik Strubels Sprachtalent. ;)

4/5 Sterne