Ein ganz anderer Kriminalroman

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sago Avatar

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Schon als ich den Roman ausgepackt habe, war ich angenehm überrascht. Er ist für ein broschiertes Buch wunderbar groß und dick. Ich liebe Bücher, die viel Lesestoff bieten! Das schwarzweiße Titelbild passt sehr gut in die Zeit, in der die Geschichte spielt, unmittelbar vor Ausbruch des ersten Weltkrieges. Nur leider sind die Bäume auf dem Titelbild unbelaubt, das beißt sich mit dem Titel vom "eisernen Sommer". Dafür entschädigt die schöne türkise, leicht erhabene Schrift, in der der Titel aufgedruckt ist.
Der Inhalt hält in diesem Fall, was die schöne Aufmachung verspricht. Es ist der Auftakt zu einer neuen Reihe, um den Münchner Kommissär Reitmeyer. Einen Kriminalroman in dieser Epoche anzusiedeln, ist schon einmal eine originelle Idee. Da die Autorin Frau Felenda auch Geschichte studiert hat, wirkt der Roman sehr authentisch, ohne an irgendeiner Stelle mit historischen Details überfrachtet zu sein oder gar zu langweilen. Oft muss man staunen, wie sehr sich die Welt in nur 100 Jahren weitergedreht hat. Manchmal wirkte die Handlung aber auf mich, die ich wie Reitmeyer Beamtin bin, höchst modern und aktuell. Manche Misstände ändern sich wohl nie! Reitmeyer hat zusätzlich damit zu kämpfen, dass die Spur der Morde und Erpressungen, die er aufklären soll, in Militärkreise führt, die damals auch offiziell über dem Gesetz standen. Sogar ein Bruder seiner Jugendliebe Caroline scheint darin verwickelt zu sein. Der begegnet er nun wieder. Obwohl aus sehr gutem Hause, ist diese Ärztin geworden und ausgerechnet in der Pathologie tätig, damals noch recht unüblich. So hat der Roman auch eine starke Frauenfigur zu bieten. Sowohl Reitmeyer als auch Caroline sind interessante Charaktere, die sich beim Leser nicht anbiedern, sondern auch ihre Widersprüchlichkeiten pflegen. Das hat sie für mich plastisch werden lassen, und ich frage mich jetzt schon, ob aus ihnen in einem Nachfolgeband doch noch ein Paar wird.
Die Krimihandlung selbst führt auch ins Homosexuellenmilieu, damals noch weit entfernt von den heutigen Lebenspartnerschaften. Das hat den Roman noch abwechslungsreicher gemacht, denn nur das Militärische hätte ich wahrscheinlich nicht so spannend gefunden.
Ich freue mich sehr, dass ich dieses Buch gewonnen habe. Es gehört eigentlich nicht zu meinem üblichen Lesestoff vom Sujet her und ich wäre vielleicht gar nicht auf es gestoßen. Es hat mich bestens unterhalten, und ich war immer froh, wenn ich weiterlesen konnte.