Ein Wegweiser für vergrabene Päckchen

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anna_banana Avatar

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Vivian Dittmar hat ein wertvolles Buch zu den Thema "Emotionen und wie wir mit ihnen umgehen können" geschrieben. In "Der emotionale Rucksack - Wie wir mit ungesunden Gefühlen aufräumen" beschäftigt sich die Autorin vor allem mit den schwierigen und/oder verdrängten Gefühlen aus der Vergangenheit.

Jeder kennt das.
Im Leben gibt es immer wieder Situationen, an denen wir scheinbar scheitern, die uns reagieren lassen, wie wir vielleicht üblicherweise nicht reagieren würden.
Jeder Mensch war schon einmal mit einer Situation überfordert, für die er keine Lösung sah oder die ihm ganz schlicht und einfach zu viel wurde.
In solchen Momenten kann es schnell passieren, dass die gefühlten Gefühle keinen Raum bekommen, um sich auszubreiten und einfach gefühlt zu werden. Dann wandern diese Gefühle als Päckchen verschnürt nach einer schönen und umfangreich beschriebenen Metapher von Vivian Dittmar in den emotionalen Rucksack. Dort bleiben sie eine Weile. Manchmal bleiben sie auch länger, aber ab und zu bleiben sie auch dort und werden größer.

Verschiedene Auslöser ermöglichen es, das Päckchen an die Oberfläche quellen und erneut gefühlt werden wollen. Die Erfahrung möchte gemacht werden. Ohne das wir Menschen es direkt beeinflussen können. Dann hängt es von uns ab, ob wir uns dem Päckchen zuwenden, es fühlen, den damit zusammenhängenden Schmerz verkraften und daran wachsen. Oder ob wir uns ablenken, davor verschließen und es zurück in den Rucksack zu den anderen Päckchen stopfen.

Einige sehr gute Beispiele der Autorin, die zum Teil auch persönlicher Natur waren, halfen mir, den Sachverhalt besser zu verinnerlichen und zu verstehen, wie sie das Geschriebene genau meint. Und meiner Meinung nach sind diese Beispiele essenziell wichtig um das Thema greifbar und allen Lesenden zugänglich machen zu können.

Darum an dieser Stelle mein einziger negativer Kritikpunkt.
Ich wünsche mir viele weitere Beispiele. Mehr Situationen, die unterschiedliche Situationen darstellen, in denen echte Menschen über ihre emotionalen Überladungen sprechen und verdeutlichen, wie sie damit umgegangen sind. Ob sie gefühlt haben oder es verdrängt haben. Ob sie es besser machen möchten oder wie sie im Idealfall, wenn sie mit Abstand daran denken, vorgegangen wären.

Gefühle möchten gefühlt werden. Ich fühle etwas, wenn ich dazu Anhaltspunkte bekomme. Eine Geschichte, eine Situation oder eine Bildbeschreibung, die ich mir vorstellen kann. Um das Thema ganz zu verstehen, ist es natürlich wichtig, seine eigenen Gefühle zu beobachten. Für das pure Verständnis möchte ich jedoch zuerst eine Beobachterposition einnehmen.

Vivian Dittmar unterscheidet Gefühle und Emotionen, gibt uns eine Zusammenfassung, was es für sie bedeutet, einen emotionalen Rucksack zu haben. Sie beschreibt Wege, wie wir ihn öffnen können, um für uns zu wachsen und um für unsere Mitmenschen da zu sein.

Letztendlich geht es nicht darum den Rucksack zu leeren, was vermutlich auch eher unrealistisch ist. Ein selbstbestimmtes Leben, aus dem wir die schönsten und stärksten Erfahrungen schöpfen können, ermöglichen uns unsere Gefühle und Emotionen. Und so wie wir es heute mit der Hygiene halten um sauber und gesund zu sein und zu bleiben (man denke an das schmutzige Mittelalter, indem Krankheiten schnell eine ganze Menge Menschen dahin raffen konnten), ist auch oder vor allem eine emotionale Hygiene zukunftsweisend.

Wir wollen glücklich sein. Wir wollen Problemlöser sein, gute Vorbilder für unsere Kinder und Freunde und wir wollen Liebe erfahren und schenken. Unser emotionaler Rucksack kann uns dabei helfen zu großer Weisheit zu gelangen.

Das Thema in diesem Buch ist meiner Meinung nach eines der wichtigsten Themen unserer Zeit. Danke für dein Engagement, Vivian Dittmar!