Hoffnungslose Suche nach sich selbst

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gela_hk Avatar

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Im Winter 1925 wandert Josef Klein aus Neuss nach New York aus. Durch einen Zufall findet er Arbeit in einer Druckerei, bekommt einen amerikanischen Passs und ein Zuhause im quirligen East Harlem. Die Zeichen für seinen neuen Lebensabschnitt stehen gut, bis die deutschen Schatten 1939 auch in den USA aktiv werden und auf den Hoppyfunker aufmerksam werden. Der ahnungslose Joe (Josef) lässt sich darauf ein, Zahlencodes nach Deutschland zu senden. Obwohl er langsam ahnt, mit wem er sich eingelassen hat, findet er keinen Ausweg. Bestärkt durch seine Freundin, wehrt er sich gegen die Nationalsozialisten und wendet sich an das FBI. Vor der jahrelangen Haftstrafe in den USA und die anschließende Ausweisung, rettet ihn das aber nicht mehr. Zurück in Deutschland ist er ein Fremder, der sich nirgendwo Zuhause fühlt. Es zieht ihn 1949 weiter bis nach Südamerika, wo ihn schon wieder alte Bekannte erwarten.

Ulla Lenze erzählt anhand einer fiktiven Romanfigur, die Geschichte ihres Großonkels. Rückblickend erzählt der Protagonist seine Erlebnisse. Er springt zwischen den Zeitebenen, 30 Jahre verschwimmen chronologisch ungeordnet. Das passt sehr gut zur Hauptfigur Josef Klein. Er findet einfach keinen Halt, möchte so gerne Amerikaner sein, doch die Zeit der Nationasozialisten lässt ihm keine Chance. Egal auf welche Seite er sich schlängt, er wird angefeindet, für sein Sein angegriffen. Beinahe emotionslos schlägt sich Josef durchs Leben, erst die Tränen beim Abschied vom jüngeren Bruder lassen ihn lebendig erscheinen.
Beängstigend ruhig wird geschildert, wie Josef in den Sog der Geheimagenten gerät. Erst arglos und unpolitisch, dann immer mehr im bewussten Handeln, hin- und hergerissen zwischen Zwang und Ausweglosigkeit. Gekonnt zeichnet die Autorin ein Bild von den manipulativen Fähigkeiten der Geheimagenten. Nicht die Beschreibung der Personen, sondern ihr Handeln steht im Vordergrund.

Was in den Jahren 1939 - 1950 in den USA für Meinungsbilder über das Hitlerregime herrschten, war mir bisher nicht bewusst. Ein interessantes Thema, das mich sicherlich noch eine Weile beschäftigen wird. Hilfreich ist hier eine Auflistung der Materialien, die die Autorin gesammelt hat.

Mir hat dieser melancholische, nachdenklich stimmende Roman gefallen.