Schicksal und Verlust

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„Der Empfänger“ ist nach „Die endlose Stadt“, „Der kleine Rest des Todes“, „Archanu Amman“ und „Schwester und Bruder“ der neueste Roman von Autorin Ulla Lenze. 2016 wurde sie für ihr Gesamtwerk mit dem „Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft“ ausgezeichnet.

„Vor dem Kriegseintritt der Amerikaner brodelt es in den Straßen New Yorks. Antisemitische und rassistische Gruppierungen eifern um die Sympathie der Massen, deutsche Nationalisten feiern Hitler als den Mann der Stunde. Der deutsche Auswanderer Josef Klein lebt davon relativ unberührt; seine Welt sind die multikulturellen Straßen Harlems und seine große Leidenschaft das Amateurfunken...“ Seine technischen Fähigkeiten und sein Hobby bringen Josef bald in eine gefährliche Situation.

„Dieses Buch ist ein Roman. Obwohl ich die Lebensgeschichte meines Großonkels Josef Klein zu großen Teilen verarbeitet habe, ist die literarische Figur Josef Klein meine Erfindung.“ Die Geschichte wird in zwei Zeitschienen, „New York“ und „Neuss“, erzählt. Weitere Lebensstationen schließen sich an. Josef ist in seine zerstörte Heimat zurückgekehrt und lebt bei Bruder Carl und Schwägerin Edith. Unausgesprochenes, die Sprachlosigkeit ist in Szenen und Verhalten spürbar. Josefs Bruder Carl sieht es als Pflicht an, ihn aufzunehmen. Nur die Tatsachen schwimmen an der Oberfläche. Wie ein dunkler Schatten hängen Geheimnisse, Einzelschicksale und ihre düsteren Wege im Raum. Durch die Rückblicke erfährt der Leser mehr über Josefs Leben davor und wie er sich in eine aussichtslose Lage manövriert. Das Leben in der Erstarrung in Neuss bildet einen starken Kontrast zum brodelnden New York. Josefs treuer Freund ist die ausgesetzte Hündin Princess. Seine zweite Leidenschaft gehört dem Amateurfunken. „Leise Signale tröpfelten durch einen Strom aus Knistern und Pfeiftönen. Er sendete sein Rufzeichen, dann ein CQ, come quick. Er wiederholte das ein paar Mal und genoss das Weltraumrauschen und Knistern, das Gefühl, die ganze Welt zu sich strömen zu lassen.“ Autorin Ulla Lenze gewährt atmosphärisch starke Einblicke in das schicksalhafte Leben ihrer fiktiven Hauptfigur, die Zeit in Amerika, während des zweiten Weltkriegs und ins Nachkriegsdeutschland. Ohne es anfangs zu bemerken, wird Josef Klein zur Schachfigur, gerät in einen Strudel, der sich nicht mehr aufhalten lässt. Josefs Suche nach einer Erklärung, der Wahrheit in einem verbohrten, scheinheiligen Umfeld berührt. Verlorenheit, Zerrissenheit und längst verlorene Freiheit, ein Schicksal symbolisch für andere.

Das Cover setzt auf den Titel und die Hauptfigur. Mit den verschwommenen Bildsequenzen werden Schicksalhaftes und Düsteres untermalt. „Der Empfänger“ durchbricht die Sprachlosigkeit und legt den Fokus auf seine sympathische Hauptfigur, die mit einem Fehler perfide und schicksalhafte Domino-Geschehnisse in Gang setzt. Die Frage von Schuld wird von verschiedenen Seiten und anhand gegensätzlicher Protagonisten erläutert, aber nicht ganz aufgedröselt.