Liebe in der Nachkriegszeit

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lilli Avatar

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Das Buch der Autorin Federica de Cesco „der englische Liebhaber“ wird als historischer Liebesroman aus der Nachkriegszeit vermarktet.
Dolmetscherin Anna arbeitet für die britische Besatzungsmacht im zerstörten Münster. Dort lernt sie den britischen Captain Jeremy kennen und lieben. Diese Liebe ist in der Nachkriegszeit von allen Seiten nicht erwünscht. Sie verstoßen gegen die vorherrschenden Konventionen, sodass Vorurteile und Hindernisse ihren Alltag prägen. Das Verhalten der Menschen in Annas Umgebung prägen ihren Alltag. Mit dem Verschwinden von Jeremy muss sich Anna, hochschwanger von „Feind“, alleine durchschlagen. Da Charlotte als uneheliches Kind ähnliche Anfeindungen in ihrer Kindheit erlebte, für die sie die Mutter verantwortlich macht, leben sich die beiden Frauen immer weiter auseinander. Kurz vor dem Tode Annas erhält sie einige Sachen, insbesondere persönliche Tagebücher und Tonbänder, ihrer Mutter. Damit beginnt die Geschichte.
Es werden zwei Handlungsstränge im Buch verwoben. Einmal in der dritten Person wird in der Jetztzeit Charlotte und ihre (späte) Annäherung an die Mutter bzw. nach ihrem Tod die Aufarbeitung der Vergangenheit dargestellt. Zum anderen werden Passagen aus den Tagebüchern in der Ich-Form wiedergegeben, die die Erlebnisse in der Vergangenheit wiederspiegeln. So sind die beiden Erzählebenen einmal aus der Sicht von Charlotte und einmal aus Annas Perspektive dargestellt. Durch die Tagesbucheinträge erlebt der Leser die Liebesgeschichte und die Nachkriegszeit von außen aus der Sicht von Anna. Die geschichtlichen Aspekte der Zeit werden nachvollziehbar dargestellt. Die damalige Atmosphäre ist meiner Ansicht nach gut wiedergegeben vom Kampf ums Überleben, dem Misstrauen gegen die Besatzer oder als alleinerziehende Mutter in dieser Zeit. Verwoben mit den geschichtlichen Aspekten der NS-Zeit und dem Kalten Krieg bis zu den studentischen Aufständen wird Annas Leben ohne Jeremy mit viel Tiefgang wiedergegeben.
Auf der einen Seite ist diese Darstellung oft für den Leser schwierig, da trotz eines flüssigen Schreibstils Längen entstehen. Man fiebert nicht mit den Protagonisten mit. Man steht als Leser daneben. Auf der anderen Seite entsteht gerade durch die biographisch wirkenden Tagebücher eine Atmosphäre mit Tiefgang. Die Dialoge machen nachdenklich und zeigen gerade, dass die „Liebesgeschichte“ auf einer anderen Ebene eine anspruchsvolle Begegnung mit der deutschen Nachkriegsgeschichte für jeden einzelnen Leser sind.
Als Liebesroman würde ich das Buch weniger empfehlen. Für geschichtlich interessiert Leser würde ich diese Art der Darstellung dagegen durchaus für lesenswert halten, da man immer wieder nachvollziehbar in die Nachkriegszeit eintaucht.
Ich konnte die Geschichte lesen und aufhören, ohne dass es mich gestört hat. Das Buch fesselte nicht immer meine Aufmerksamkeit, sodass ich oft einen Satz auch zweimal gelesen habe, weil meine Gedanken abgeschweift sind. Die eher stille Liebe von Anna und Jeremy und die Aufarbeitung von Charlotte hat mich letztendlich nicht ganz überzeugt. Es gab für mich Längen, die meinen Lesefluss unterbrochen haben. Es gab wenig Spannung, die mich „bei der Stange“ gehalten hat und aufgrund der Tagebucheinträge steht man eher daneben, sodass ich als Leser nicht richtig „mitfiebern“ und Teil der Geschichte sein konnte.