Anita Berber – die Tanzende, die Sterbende, die Tanzende

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löwenmäulchen25 Avatar

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Erst vor kurzem habe ich das berühmte Bild von Otto Dix über 'die Berber' in einem Kunstmuseum gesehen. Daneben hingen noch weitere Bilder zu Anita Berber. Lasziv. Erotisch. Sexy. Eine emanzipierte Frau, eine freie Frau, zu einer Zeit als die Frauen noch nicht so frei waren. Und kurze Zeit darauf wieder in das alte Schema 'Kirche, Kinder, Küche' gepresst wurden. Sicher, Anita Berber lebte in den 'roaring twenties', aber sie war oft das Vorbild für viele der 'Roaring Twenties'. Anita Berber – die Tänzerin und Schauspielerin.

Der Roman spielt im Sommer 1928. Anita Berber, schwer krank in Berlin, im Krankenhaus. Erinnerungen überwältigen sie. An die Großmutter Lu, den Maler Otto Dix, an Fritz Lang. Die Eifersucht ihrer ebenfalls tanzenden und dazu noch singenden Mutter. Die junge, zarte Anita, die ihre ersten Versuche auf der Bühne macht. Und im Bett, um eine Frau zu werden. Anita, die ihren eigenen Stil entwickelt (Frau im Smoking, Frau mit Monokel), ihr Tanz (heute würde man Performance sagen). Außerordentlich, ausdrucksstark, nackt. Alle wollten sie sehen. Sie war gefragt. Doch viele fühlten sich auch provoziert, sprachen schlimm und würdelos über sie.

Dabei suchte sie etwas, was sie nie erhielt, weder in der Kindheit noch später: Liebe. Und um die Leere zu verdecken, trank sie, nahm alle Arten von Drogen zu sich. Was ihren jungen Körper schnell auszehrte. Exzessives Leben, Alkohol, Drogen. Sie erkrankte an Tuberkulose. Mit 29 Jahren starb sie.

„Ihr Vater, der lebenslang ersehnte, steht plötzlich in der Tür. Damit hat sie nicht gerechnet. … Als der Vater die Geige ans Kinn setzt, noch bevor der erste Ton erklingt, versteht sie, warum er gekommen ist. Schrill erklingt die Eröffnung des Danse Macabre, des Totentanzes. … All die Angst, die sie in den letzten Tagen immer wieder sprunghaft überkam, ist mit einem Male verschwunden. Ein Lächeln geht über ihr Gesicht.“ Seite 296-7

Steffen Schroeder, selbst Schauspieler, und seit einiger Zeit Autor, schreibt ein Buch über die Berber. Es ist wie eine Liebeserklärung an ihr Leben. Schroeder schreibt mitreißend, als habe er sie gekannt, als wäre er neben ihrem Bett in jenem Sommer 1928 gesessen und hätte vielleicht auch ihre Hand für eine Zeitlang gehalten und ihr zugehört.

Auffallend ist natürlich das tomatenrote Cover. So rot wie das Bild von Dix.
Ein poetisches Buch, ein dramatisches Buch. Ein Lese-Erlebnis!