Ein Sizilianer in Venedig

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griseldis2000 Avatar

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Ich weiß schon, dass Schorlaus Bücher sehr gut recherchiert und etwas Informations-lastig sind. Da dachte ich, die Zusammenarbeit mit einem sizilianischen Kollegen würde doch gut tun.
Leider hat mich „der freie Hund“ ziemlich enttäuscht. Die Dialoge sind wirklich unterirdisch, so spricht kein Mensch. Sie hören sich so hölzern an, wie eine schlechte Übersetzung und auch die italienischen Einsprengsel helfen nicht die Bohne. Und es gibt viel davon. Der Commissario ist ein wandelndes Klischee. Von Schuld zerfressen, weil seine schwangere Geliebte von einer für ihn bestimmten Autobombe getötet wurde, steht er auf der Todesliste der Mafia, kann nicht zurück in sein geliebtes Cefalu. Er trinkt pausenlos Espressi, natürlich doppio, wird von wunderhübschen Signorine umschwärmt und hat sich doch geschworen, nie wieder zu lieben. Hach! Ein echter Rosamunde Pilcher. Aber Die kann Dialoge und Charaktere besser.
Es ist ein Problem, wenn man zu viel Politik, Geschichte und Landeskunde in eine Geschichte packt. Es liest sich mies.
Die Venedig- Impressionen hingegen sind sehr lebendig. Die miesmuschligen, arroganten, korrupten Einheimischen, die verrückten Touristen, die brackigen Kanäle, die monströsen Kreuzfahrtschiffe, würd ich mir gerne direkt nochmal ansehen. Mein letzter Besuch liegt mehr als vierzig Jahre zurück.
Bei den Kochkünsten des Commissario hab ich jedes Mal Hunger bekommen.
Die „Caponata“werde ich sicher mal ausprobieren.
Aber: als Krimi ist die Story erschütternd lahm, birgt leider kaum Überraschungen. Ich kann mir vorstellen, dass es den Autoren Spaß gemacht, hat, ihre Ideen zusammenzuwerfen. Aber es haut einfach nicht hin. Die Personen wirken künstlich bis richtig unglaubwürdig. Ja, Kreuzfahrtschiffe, die Mafia und korrupte Beamte sind böse. Gähn.
Dieser „freie Hund“ ließ sich einfach nicht einfangen.