Blind

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
clara_fall Avatar

Von

Dies ist ein Buch über Sehnsucht, Einsamkeit, Mobbing, ungenutzte Lebensmomente und all dies lässt einem um so mehr die Hauptfiguren ans Herz wachsen: Dayna Ray, ein wissbegieriges Mädchen aus zerrütteten Familienverhältnissen; Max, ein aufgeweckter Junge aus reichem Elternhaus - beide sind sie zum Mobbingopfer an ihrer Schule geworden, weil sie "anders" sind. Eigentlich könnte wenigstens Max ein sorgenfreies Leben führen, denn seine Mutter ist Star-Moderatorin einer Reality-Show. Doch schon frühzeitig zeigt seine Mutter, dass ihr Karriere und Ruhm wichtiger sind als die Sorge um ihren Sohn und so beginnt er seine Schulzeit an einem Internat für Gutbetuchte. Dort macht er auch die ersten Erfahrungen, was es heißt, gedemütigt und seiner Lebensfreude beraubt zu werden. Eigenmächtig wechselt er im Teenageralter an DIE "Problemschule" in der Nähe der inzwischen geschiedenen Eltern. Dort bessert sich nichts für ihn, im Gegenteil - es wird noch schlimmer für ihn. Weil auch Dayna "anders" und ein leichtes Opfer ist, wird Max auf sie aufmerksam und es entsteht eine schüchterne Liebe zwischen ihnen, immer ein wenig auf der Hut vor dem anderen, vielleicht doch auch wieder verraten zu werden. Von all dem wissen weder Max' Mutter Carrie noch Vater Brody etwas. Carrie steckt atemlos in ihrem perfekten Leben, dass ihr niemand kaputt machen darf und sie ist froh, nicht zu denen zu gehören, deren asoziales Dasein sie täglich in ihrer Show vorstellt. Brody liebt seinen Beruf als Matheprof., jedoch ist es hauptsächlich seine Erblindung, die ihn daran hindert, vollwertig am Leben seines Sohnes teilzunehmen. Und so steuern alle auf einen Abgrund zu, für den leider jeder auf seine eigene Art blind ist.

Jede einzelne Seite ging mir beim Lesen unter die Haut und immer wieder hätte man Max und Dayna in die Arme genommen und ihnen versichtert: "Ihr macht alles richtig, ihr seid gut, so wie ihr seid!" Und Carrie und Brody möchte man am liebsten schütteln , damit sie endlich die Augen öffnen für die Sehnsucht ihres Sohnes nach Liebe und Zuwendung. Eine sehr realistische Story, von denen es sicher heute leider zahllose gibt. Sie macht nachdenklich und dies macht sie unvergessen. Das Cover spiegelt viel von dieser Verlassenheit und Machtlosigkeit wider. Erneut ein eindrucksvolles Werk von Sam Hayes.

Erwähnen möchte ich noch, dass die deutsche Übersetzung einige schlimme Schnitzer aufweist. Ein Beispiel von Seite 324: "Carrie setzte sich auf einen Hocker und lud Carrie mit einer Handbewegung ein, ebenfalls Platz zu nehmen." Gemeint war Dayna. Dies sollte für die nächste Auflage noch überarbeitet werden.