Den See entlang

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bavaria123 Avatar

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Das Cover hat mich gedanklich in meine ganz frühe Jugendzeit zurück geführt, denn dort waren solche gemalten Motive absolut gängig. Und so führt das Buch auch tatsächlich in die Vergangenheit, wenn auch noch weiter, als ich dachte.
1953 um es genau zu sagen.

Und das Buch spielt auch zu einem großen Teil nur an einem einzigen Tag, dem 01. Mai 1953. Und das ist ein sehr heftiger Tag für die Protagonistin Renina, die gerade einmal 24 Jahre jung und verheiratet mit Fred ist. Fred ist aber nicht der liebevolle Ehemann, sondern ein sexsüchtiger, gewalttätiger, drogenabhängiger Doktor der Atomphysik und Neffe von Marlene Dietrich. Klingt heftig? Ist es auch.

So heftig, dass ich nach den ersten Seiten überlegt habe, ob ich die Geschichte wirklich weiter lesen möchte.

Ehrlich gesagt haben mich vor allem die dazu ganz im Gegensatz stehenden schönen Beschreibungen von der Gegend rund um den Bodensee dann inspiriert, dem Buch eine Chance zu geben.

"Der Frühling in den Bäumen" handelt von Missbrauch, häuslicher Gewalt und Frauenfeindlichkeit und ist damit leider immer noch aktuell. Dass Jana Revedin hier die Geschichte ihrer Mutter erzählt, ist verstörend, denn so ist alles nicht fiktiv. Und auch echte Zeitzeugen, wie Adenauer, die Familie Gropius oder auch Hannah Arendt haben im Hintergrund ihre Auftritte.

Renina ist eine starke Frau und so gelingt es ihr dann auch die erste deutsche Frauenzeitung "Lady" auf den Markt zu bringen.

Die Autorin hat einen nicht klischeehaften feministischen Roman von, über und für Frauen geschrieben. Und das mit einem meist flüssigen, intensiven Schreibstil, der nur ab und an etwas holprig ist.

Das Buch ist anfänglich sehr bedrückend, wird dann aber bemerkenswert. Ich vergebe vier Sterne und empfehle es auf jeden Fall weiter, aber nicht mal zum nebenbei zur Unterhaltung zu lesen.