Nicht ganz das, was ich erwartet hatte

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alice pleasance Avatar

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Aus verschiedenen Perspektiven erzählt Lindsey Lee Johnson vom gefährlichsten Ort der Welt, der sich in Mill Valley, Kalifornien befindet. Das scheint ziemlich übertrieben, da es sich hierbei um einen kleinen Vorort von San Francisco handelt, in dem die besser Betuchten ihren Sprösslingen ein angenehmes und behütetes Leben ermöglichen. Doch dieses scheinbare Paradies wird für einen der Teenager, die im Zentrum dieser Geschichte stehen, zur Hölle.

Der Auftakt des Buches hat mir sehr gut gefallen, denn zunächst stehen Cally Broderick und Tristan Bloch im Mittelpunkt der Erzählung. Tatsächlich beginnt "Der gefährlichste Ort der Welt" mit einem Aufsatz von Tristan über die Stadt Mill Valley. Die Idee hat mir gut gefallen, denn man erfährt nicht nur etwas über die Stadt - also das Umfeld, in dem die Jugendlichen aufwachsen -, sondern gibt auch einen Einblick in die Gedanken und Gefühle von Tristan. Der Aufsatz ist dabei in einem für Schüler typischen Stil geschrieben, so dass er authentisch wirkt. Dass im weiteren Verlauf auf einige Punkte aus dem Aufsatz zurückgegriffen wird, hat mir besonders gefallen.

Nach diesem Prolog beginnt die eigentliche Handlung. Dabei nimmt der personale Erzähler zunächst Callys Perspektive ein. Cally und einige ihrer Mitschüler werden vorgestellt und man bekommt ein Gefühl für das Gefüge an ihrer Highschool. Als Cally einen Liebesbrief von Tristan bekommt und dieser von einem Klassenkameraden auf Facebook gepostet wird, wird der zuvor schon unbeliebte Tristan noch heftiger gemobbt. So nimmt schließlich die Katastrophe ihren Lauf. Interessant war hier der Einsatz von Social Media-Posts bzw. Nachrichten, die das Verhalten und die Sprache der Jugendlichen authentisch erscheinen ließen.

Die Erzählung setzt dann fünf Jahre später wieder ein. In jedem Kapitel steht einer der Teenager von damals im Mittelpunkt. Ihre individuellen Entwicklungen und die aktuellen Lebensumstände werden beschrieben. Durch ihre Gedanken und Gefühle erfährt man nun Vieles, was zuvor nicht ersichtlich war. So erhalten sie alle eine vielschichtigere Persönlichkeit, auch wenn Johnson hier - wahrscheinlich auch absichtlich - gewisse Stereotype zeichnet. Es zeigt aber auch, dass sie alle nicht die Personen sind, für die sie von den anderen gehalten werden.

Die Aussage des Buchs hat mir gut gefallen, denn die Autorin zeigt sehr schön, dass von außen betrachtet, vieles anders erscheint, als es tatsächlich ist.

Was mich dabei allerdings gestört hat: Es war alles ein bisschen viel. Ich hatte den Eindruck, dass die Autorin versucht hat, sämtliche Probleme, die Teenager haben können in einer einzigen Erzählung unterzubringen. Also Alkohol, Drogen, Mobbing und so weiter, um dann immer wieder aufzuzeigen, dass und wie gefährlich dies alles ist. Jede einzelne Geschichte für sich, ist gar nicht schlecht. In der Masse war es mir dann einfach zu überzogen.

Außerdem hatte ich damit gerechnet, dass der Anfang viel größere Auswirkungen auf den Rest des Buches haben wird. Dies war dann nicht der Fall und so hatte ich teilweise das Gefühl, dass die Geschichte den roten Faden verloren hat. Vieles hätte auch ohne diesen Anfang funktioniert, was mich nur in meiner vorherigen Aussage bestätigt, dass die Autorin möglichst viele Teenager-Probleme unterbringen wollte.

Abgesehen von diesen Kritikpunkten hat mir das Debüt von Lindsey Lee Johnson gefallen. Die einzelnen Geschichten sind stimmig, durchaus treffend und fesselnd geschrieben. Vollständig überzeugen konnte mich "Der gefährlichste Ort der Welt" jedoch nicht.