Tristan war anders!

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rauschleserin54 Avatar

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„Lehrerinnen wie sie ermunterten hoffnungslose Fälle wie Tristan ständig, sich mit absurden Anstrengungen in die Gemeinschaft einzubringen – mit Liebeserklärungen oder wahllosen Versuchen, Freundschaften zu schließen -, als wäre die Mittelschule ein sicherer Hafen, in dem man solche Experimente durchführen konnte, und nicht der gefährlichste Ort der Welt.“

Tristan war anders als die anderen. Anders als die im pittoresken Ort Mill Valley oberhalb der San Francisco-Bucht lebten oder es so gut es ging versuchten mit ihren 13 oder 14 Jahren. Teils wussten sie selbst noch nicht, wer sie waren, teils kümmerten sich die Eltern nicht um sie, teils waren sie unscheinbar und gehemmt, so wie Calista das auch war. Und doch mußte Tristan Bloch etwas Besonderes in ihr gesehen haben, denn sie bekam von ihm einen silbernen Origamivogel und weil sie ihm kurz ein Lächeln schenkte, einen ganz außergewöhnlichen Liebesbrief. Denn Tristan war anders, intensiver aber auch langsamer und unangepasster und äußerlich nicht dem Idealbild eines gutaussehenden Jungen entsprechend. Aber er konnte lieben und das wurde ihm zum Verhängnis.
Ausgerechnet dem miesesten, aber angesagtesten Typen ihrer Klasse zeigte Calista den Brief und damit begann ein widerliches Mobbing im wahren und im virtuellen Leben. Facebook wurde der Untergang für Tristan.

Lindsey Lee Johnson beschreibt eine Mittelschule in Mill Valey als gefährlichsten Ort der Welt. Das war er auch, für Tristan, aber auch für die anderen. Denn sie mussten schließlich weiterleben mit ihrer Schuld. Sie beschreibt, wie die Beteiligten sich weiterentwickeln in den nächsten Jahren und wie sie mit dem Erlebten leben können. Sie zeichnet ein Bild des Schrecklichen hinter dem Schönen, dem Paradies vieler Urlauber und dem Wohnort der Reichen und Privilegierten. Die jungen Menschen waren es auf jeden Fall nicht. Sie waren sich selbst überlassen und taten alles, um dazuzugehören.

„...während Mrs. Bloch sich für den Augenblick wappnete, da man Tristans Fach öffnen würde. Ms Flax, Rektor Falk und der Hausmeister drängten sich murmelnd um sie. Was sagten sie ihr wohl? Sie hätten nichts ändern können. Sie hätten Tristan nicht weniger unbeholfen und seltsam machen, ihn nicht davon abhalten können, diesen Brief zu schreiben und sein Herz in die Welt hinauszuschicken, sodass jeder ein Stück davon herausschneiden konnte.“

Die Autorin zeigt schonungslos und in der Sprache der jungen Menschen die Zeit danach für die einzelnen und welche Versuche sie wagen, etwas zum Besseren zu wenden. Der Leser kann sich selbst eine Meinung bilden, verurteilen oder verstehen, bemitleiden oder ablehnen. Ich bin wütend gewesen, während der Lektüre des gesamten Buches. Die heuchlerische Gesellschaft und die Vorurteile, die Oberflächlichkeit der Menschen, die Vorverurteilung und das Mobben von aus der Norm tretenden Menschen, alles finden wir hier und es ist ein Wachrütteln, weil es so nicht weitergehen kann. Ein sehr eindringliches Buch, das als Lektüre in der Schule sehr gut zu empfehlen wäre und es ist wichtig, gerade wieder in der heutigen Zeit, in der wieder gern nach unten getreten wird. Eine klare Leseempfehlung von mir!