Authentische und emotionale Familiengeschichte in Vietnam

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In "Der Gesang der Berge" nimmt uns Nguyễn Phan Quế Mai mit auf eine Reise nach Vietnam und beleuchtet fast 100 Jahre Landesgeschichte in Form einer atemberaubenden und authentischen Familiengeschichte.

Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen. Zunächst begleiten wir die junge Frau Dieu Lan in den 1940ern und 1950ern im Norden Landes, wo auf eine Hungersnot die Landreform und damit auch die Machtübernahme der Kommunisten folgt. Dieu Lan stammt aus einem wohlhabenden Haus und verliert schon bald alles, wofür ihre Familie, ihr Mann und sie selbst jahrelang geschuftet haben. Mit ihren Kindern muss sie sich auf einen Überlebenskampf einstellen.

Der zweite Handlungsstrang spielt in den 1960ern und 1970ern zur Hochzeit und kurz nach Ende des Vietnamkriegs. Das Mädchen Huong hofft auf eine Wiederkehr ihrer Eltern aus dem Krieg, während sie mit ihrer Großmutter Dieu Lan in Hanoi ausharrt und dort versucht, sich aus den Trümmern wieder eine Existenz aufzubauen.

Die Autorin, übrigens selbst geborene Vietnamesin, kombiniert historische Fakten und Zahlen (wusstet ihr, dass wahnsinnige sieben Millionen Tonnen Bomben im Vietnamkrieg abgeworfen wurden?) gekonnt mit der Gefühlsebene. Das Buch war unglaublich interessant, aber gleichzeitig emotional herausfordernd. Leben, die geprägt sind von Hunger, Verlust, Trauer, Kampf, Krieg, Entwürdigung, aber auch Liebe, Mitgefühl, Hoffnung und Glaube, werden dem Leser auf sehr direkte aber trotzdem poetische Art und Weise näher gebracht. Mich haben die Einzelschicksale sehr berührt und betroffen gemacht, vor allem vor dem Hintergrund, dass es Millionen Vietnamesen und auch anderen Landsleuten, die im Krieg involviert waren, so oder ähnlich ging. Auch heute sind noch etliche Menschen von den Folgen des Kriegs und der eingesetzten chemischen Gifte betroffen, deswegen finde ich es wichtig, dass die Autorin diesen Geschichten eine Stimme verleiht.

Ganz toll fand ich die Übersetzung und dass gewisse Phrasen und Sprichwörter nicht nur übersetzt wurden, sondern auch in ihrer ursprünglichen vietnamesischen Form gedruckt wurden. Diese Tatsache finde ich sehr schön und respektvoll gegenüber dem Land und seiner Sprache. Die Sprichwörter haben mir darüber hinaus auch inhaltlich sehr gut gefallen und die Mentalität des Volkes gut widergespiegelt.

Nguyễn Phan Quế Mai konnte mich mit diesem Buch absolut begeistern! Ich habe viel gelernt und ganz viele neue Eindrücke hinzu gewonnen. Darüber hinaus finde ich die Sichtbarkeit dieser historischen Episoden und deren Auswirkungen auf reale Einzelschicksale sehr wichtig. Die Familiengeschichte war außerdem noch sprachlich sehr eindrücklich, schön und authentisch verpackt. Von mir gibt es daher eine große Leseempfehlung!