Berührend, lehrreich, fesselnd - Eine ganz neue Perspektive auf Vietnam

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iceman2003 Avatar

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"Der Gesang der Berge" hat sofort mit seinem wunderschönen Cover meinen Blick auf sich gezogen - und auch, wenn das alles andere als mein Standardgenre ist, konnten mich auch Klappentext und Leseprobe überzeugen.

Vietnam - ein Thema, über das ich zu wenig weiß und das mich schon immer interessiert hat, auch wegen familiärer Bezüge zur Historie des Landes.
Man merkt, dass die Autorin ihre Seele in dieses Buch gesteckt hat und viel Herzblut zwischen die Seiten geflossen ist. Es ist wahnsinnig gründlich recherchiert und zeigt umfangreich die verschiedenen Seiten der Geschichte des Landes auf - aus der Perspektive einer einfachen vietnamesischen Familie. Einer von vielen.
Dabei schafft die Autorin, Neutralität zu waren. Sie ergreift nicht Partei für die eine, oder die andere Seite, beschönigt nichts, nein, sie zeigt, dass es im Krieg und in der Not und in der Gewalt keine Gewinner gibt. Keine Guten und Bösen, sondern nur Grauzonen. Menschen, die Leid verursachen. Menschen, die Leid ertragen, aber trotzdem, wie Huongs Familie, auch im Angesicht ärgsten Unglückes nicht die Hoffnung verlieren und nicht aufhören zu kämpfen.

"Der Gesang der Berge" geht nahe. Manchmal schmerzhaft, manchmal lustig, manchmal traurig. Er ist ein Schrei nach Weltfrieden, daran einander zuzuhören und aufeinander zu achten, er ist ein Lobgesang auf die Familie und eine moderne Geschichte Vietnams, wie es sie so wahrscheinlich noch nicht gab.

Dabei hat die Autorin den Leser perfekt durch die Geschichte Vietnams geführt, mal aus Sicht der Großmama, in ihren Geschichten und Liedern, mal aus Huongs Erfahrungen. Der Leser wächst mit Huong auf, erlebt mit den Geschichten die Landreform und den Krieg, spürt die Auswirkungen von Agent Orange und dem Volksübergreifenden Trauma des Krieges. Dabei schafft es die Autorin, das ganze intelligent und übersichtlich aufzubauen - es fällt leicht, den Überblick zu behalten.

Die Charaktere sind wunderbar ausgearbeitet und wachsen während der Handlung, es fällt als Leser leicht, eine Verbindung zu ihnen aufzubauen.
Der nüchterne, aber schöne Schreibstil der Autorin passt perfekt, und ist flüssig und problemlos zu lesen. Interessant sind die eigenen Gedanken der Autorin zum Entstehungsprozess, die auf Goodreads mitunter zu lesen sind.

Ich würde "Der Gesang der Berge" jedem empfehlen - es ist hart. Wirklich. Es gibt grausame Stellen, traurige Stellen, Momente, in denen man so sehr mitfühlt, dass einem die Tränen in die Augen schießen. Aber es ist auch lehrreich und schafft, die schönen Momente nicht untergehen zu lassen. In all der Grausamkeit, spendet es Hoffnung auf Frieden.

Vielen Dank an vorablesen.de und den Insel Verlag, für das bereitstellen eines kostenfreien Rezensionsexemplar. Meine Rezension stellt ausschließlich meine eigene, persönliche Meinung dar.