Der Geschmack der Sehnsucht

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lunamonique Avatar

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Die kanadische, in Saigon, Vietnam geborene Schriftstellerin Kim Thúy erlangte 2009 mit ihrem ersten Buch „Ru“ (Der Klang der Fremde) internationalen Erfolg. Kim Thúy schreibt in französischer Sprache. In ihrem neuen Buch „Der Geschmack der Sehnsucht“ erzählt sie auf sinnlich poetische Weise das Schicksal von Män.

Der vietnamesische Bürgerkrieg hinterlässt auch in Mäns Leben Spuren. Erst bei der dritten Mutter findet sie ein richtiges Zuhause. „Sie sah mich in der Ferne im warmen Licht, und ich wurde zu ihrer Tochter.“ Eine innige Verbindung zwischen den Beiden entsteht. Umso schwerer fällt die Trennung, als die Mutter für Män einen Mann aussucht und Män zu ihm nach Kanada zieht. Mäns Mann führt ein Restaurant. Erst durch Mäns Kochkünste und Ideenreichtum erregt das Restaurant immer mehr Aufsehen. Ein Küchengehilfe wird eingestellt, den Män bald nur noch wegen seiner Fröhlichkeit Sonnenbruder nennt. Dann lernt Män die unbeschwerte und lebenslustige Julie kennen. Julie hilft ihr dabei, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Als Män Luc begegnet, kann sie sich gegen die Übermacht der Gefühle nicht wehren und lernt das erste Mal in ihrem Leben die wahre Liebe kennen.

„Der Geschmack der Sehnsucht“ beginnt mit einem Gedicht von Ernst Jandl. In wenigen Zeilen spiegelt es die tiefe Verbindung zwischen zwei Menschen wieder. Erst bei ihrer dritten Mutter findet Män endlich den Halt, den sie für ihr Leben braucht. Mäns spätere arrangierte Ehe ist von Respekt und nicht von Liebe angefüllt. Ihre Liebe und Leidenschaft widmet sie dem Kochen. Die Freundschaft zu Julie verändert Mäns Leben. Sie wird freier und entdeckt sich selbst. Gedichte begleiten die Geschichte. Oft sind sie voller Erinnerungen. Ein Rückblick macht das schwere Schicksal von Mäns Mutter deutlich. Sie wird von ihrer Familie getrennt, muss als Genossin Nhän ein völlig neues Leben beginnen. Sie fügt sich ihrem Schicksal, begegnet ihrem Vater nur noch ein einziges Mal und gibt sich nicht zu erkennen. „Der Geschmack der Sehnsucht“ ist mit seinen kurzen Kapiteln, den Gedichten und kleinen andersfarbigen Übersetzungen am Seitenrand aufgebaut wie ein Kunstwerk. Kim Thúy war Gastronomin und Gastrokritikerin für Radio und Fernsehen. Ihre Kochkünste fließen in den Exilroman mit ein. Traditionelle Zutaten und Gerichte, eine Vielzahl von Gewürzen und Gerüchen erzeugen eine exotische und gleichzeitig heimelige Atmosphäre, die den Leser gefangen nimmt. Der ungewöhnliche Einblick in vietnamesische Traditionen bewegt. Reinheit und Verzicht sind die zwei Grundtöne der vietnamesischen Seele. Ein Aufbegehren, die Zerstörung von Harmonie, Gefühlsausbrüche zählen nicht dazu. Umso überraschter ist Män von dem Verhalten ihres Küchengehilfen und ihrer Freundin. Begeisterung steckt an. Julie wird zur Glückshändlerin. Es sind die liebenswerten, sehr gegensätzlichen und teils zwiegespaltenen Charaktere, allen Voran Män, die diese Geschichte zu etwas Besonderem machen.

Das Cover stellt anhand weniger Details das vietnamesische Leben dar. Fischer, eine Frau, die am Strand Lebensmittel verkauft. Trotz alltäglicher Szene drückt das Bild Freiheit, Kraft und Stolz aus. Gemüse und Brot sind die Farbtupfer am Strand. Zum Leben gehört Wagemut. Män entdeckt ihn auf ihre Weise. Das Abenteuer beginnt. Wie wird sie sich entscheiden? Am Altbewährten festhalten oder den Schritt in eine neue Zukunft wagen? Die Spannung steigt. Das Ende kommt viel zu schnell. 142 Seiten Faszination, Hoffnung und sich auftürmende Träume. „Das Leben, das Unglück, die Einsamkeit, die Verlassenheit, die Armut sind Schlachtfelder mit eigenen Helden: unsichtbaren Helden, die manchmal größer sind als die berühmten…“