Loulou de la Falaise - nicht nur Männer können Mode

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Ich liebe Bücher, die in unterhaltsamer Form Frauen ins Rampenlicht rücken, die im Schatten großer Männer stehen und deshalb zu Unrecht nicht wahrgenommen werden.
Dem Roman von Michelle Marly ist dies in jeder Hinsicht perfekt gelungen.
Loulou war die Muse der Ikone der Modedesigner Yves Saint Laurent. Doch ich habe ihren Namen nie gelesen und das obwohl sie eine wichtige Rolle in Saint Laurents Leben gespielt hat, sowohl in persönlicher als auch beruflicher Hinsicht.
Der Roman schildert in fesselnder Weise ihren Werdegang und gibt anschauliche Einblicke in das Leben der englischen Upper Class und schillernden Modewelt der 60ziger und siebziger Jahre.
Loulou ist die Tochter des erfolgreichen Fotomodells Maxime. Da Maxime wenig von ihrer Mutterrolle hält, wächst Loulou bei ihrer konservativen adligen Großmutter in London auf. Loulou fühlt sich durch die strengen Verhaltensregeln eingeengt und streift lieber über die Londoner Flohmärkte in Camden Town auf der Suche nach bunten ausgefallenen Kleidungsstücken.
Nach einer gescheiterten Ehe mit einem irischen Knight, die sie mit 17 eingeht, landet sie nach verschiedenen Stationen wie Marokko und New York in Paris und lernt dort Saint Laurent kennen und wird fester Bestandteil seines Freundeskreises. Das ist nicht so ungewöhnlich, wie es auf den ersten Blick aussieht. Loulou hatte durch ihre Mutter und ihre adlige Herkunft von Anfang an Kontakt zur gehobenen Klasse und Künstlerkreisen. So war sie mit Brian Jones und den Gettys bekannt und ging bei Andy Warhol ein und aus.
Mir waren beide Welten unbekannt und ich war gleichzeitig fasziniert und manchmal auch unangenehm berührt durch deren Lebensweise. Geld spielte keine Rolle. Wer welches hatte, gab es aus. Wer nicht, ließ sich von Freunden durchfüttern. Alkohol und Drogen gehörten dazu. Abends traf man sich auf Partys oder in angesagten Clubs.
Loulou bewegt sich in diesen Kreisen wie ein Fisch im Wasser. Sie hat nichts gelernt, kann aber durch ihr freundliches Wesen, ihre Empathie und ihren ausgeprägten Sinn für Farben, Formen und Stil überzeugen.
Obwohl ich sie für eher oberflächlich halte, hat sie meinen Respekt verdient mit ihrem unerschütterliche Optimismus und ihrem überragenden Stilempfinden. Keine Überraschung, dass Saint Laurent seine Entwürfe gemeinsam mit ihr überarbeitet und ihr letztendlich die Verantwortung für die Pret-a- Porter Linie Rive Gauche überträgt.
Ein tolles Buch über eine außergewöhnliche junge Frau, das mich sehr gut unterhalten konnte und mir Einblicke in mir bis dahin fremde Gesellschaftskreise ermöglicht hat.