Fesselnd und bewegend

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helena Avatar

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Camp Emerson im Naturreservat der Adirondock Mountains, in der Nähe von New York. (Das Setting des Ferienlagers inmitten des Naturschutzgebietes hat mir ausnehmend gut gefallen und ich konnte es mir sehr gut vorstellen!)

Barbara, die 13-jährige Tochter einer sehr reichen Familie, denen das Camp gehört und die ihr Anwesen in der Nähe des Camps haben, ist verschwunden. Sie ist ein eher schwieriges Mädchen mit komplizierten Beziehungen zu ihren Eltern. Sie ist punkig, impulsiv und unangepasst. Ihre Mutter Alice ist sehr in ihrer eigenen Welt, in tiefer Trauer, da sie das ungeklärte Verschwinden ihres jungen Sohnes, Bear, vor einigen Jahren nie überwunden hat.

Neben Barbara lernen wir noch die 12-jährige Tracy etwas besser kennen, ihre Eltern sind getrennt und sie soll zwei Sommermonate im Camp verbringen. Sie befreundet sich mit Barabara.

Ein weiterer Fokus liegt auf Louise. Louise kommt ebenfalls aus einer dysfunktionalen Familie. Sie ist sehr intelligent, musste aber aufgrund fehlender finanzieller Unterstützung ihr Studium abbrechen und jobbt nun im Camp, als Gruppenleiterin von Barbara und Tracy.

Zudem haben wir die Perspektive von Judyta, einer jungen Kriminalinspektorin, die zum Verschwinden von Barabara ermittelt. Es sind die 70er Jahre und Frauen sind in diesem Berufsfeld noch kaum vertreten.

Es stehen also vor allem Mädchen und Frauen in verschiedenen sozialen Schichten im Fokus. Wir erfahren mehr über ihre Herausforderungen und Lebenswege, die mich alle berühren und bewegen konnten. Männer werden auch beleuchtet, treten aber eher als Nebenfiguren in Erscheinung. Alle Personen, auch die Nebenfiguren sind vielschichtig und recht tiefgründig gezeichnet. Die Themen des Frauseins innerhalb oder auch gegen die gesellschaftlichen Konventionen werden gut herausgearbeitet.

Die Haupthandlung spielt einerseits in den 70er Jahren, andererseits in Rückblenden in den 50er Jahren, als der Erstgeborene, Bear, verschwand. Es gibt recht schnelle Perspektiv- und Zeitwechsel, so dass die Spannung durchweg hoch gehalten wird. Es liest sich flüssig und wirklich fesselnd. Es gibt einige sehr traurige und auch tragische Situationen, die mich berührten. Eine Situation zwischen der Mutter Alice und deren Schwester Delphine überraschte und schockierte mich etwas. Sehr schön hingegen empfand ich die zarten Freundschaften der Mädchen untereinander, aber auch die solidarische Unterstützung, die zwischen einigen Frauen gegeben wurde.

Besonders sympathisch erschien mir Louise, über sie oder auch über Tracy, hätte ich gern noch viel mehr erfahren. Ein wenig schade fand ich, dass die Kriminalinspektorin sehr viel Raum bekam, so wurde es doch eher zu einem Krimi.
Das Ende fand ich großartig!

Der Klappentext fasst die Thematiken des Romans tatsächlich sehr gut zusammen: soziale Ungleichheit, Wohlstandsverwahrlosung, Machtmissbrauch, Kampf um weibliche Selbstbestimmung und die große Wichtigkeit von Freundschaft.

Fazit: Ein spannender Krimi in einem interessantem Setting mit starken Elementen eines Gesellschaftsromans, der fesselt, bewegt und durch die Seiten fliegen lässt.