Mitreißend beschrieben und komplex konstruiert – ein Highlight!

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edda Avatar

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Ein Sommercamp in den Adirondack Mountains, einem bewaldeten Gebirge nordöstlich von New York lädt an die 90 Jungen und Mädchen ins Sommercamp ein. Hier lernen sie unter anderem sich in der Wildnis zurechtzufinden und, wenn es darauf ankommt, zu überleben. Ein Survivaltrip ist der Höhepunkt am Ende jeden Camp-Aufenthalts.

Es sind ganz individuelle Lebensschicksale, welche die Menschen an diesen Ort zusammenkommen lassen. Die Jugendlichen kommen überwiegend aus wohlhabenden Familien aus Kalifornien oder New York. Doch dann verschwindet ein junges Mädchen.
Barbara van Laar, 13-jährig, Mitglied des Camps. Es wird zur Suche aufgerufen.
Wohin geht Barbara nachts in den Wald, regelmäßig? Barbara verschwindet 1975, 14 Jahre nachdem ihr Bruder Bear verschwand mit 8. Gibt es einen Zusammenhang zwischen den beiden Begebenheiten? Die taffe Investigatorin Juditha Luptack einer der ersten weiblichen State Troopers, tritt auf den Plan und recherchiert.
Durch Rückblenden bis hin zum Jahr 1961 erfährt man Lebensgeschichten der einzelnen Beteiligten. Da sind die Aufseher, wie z.B. Louise oder T.J., da gibt es die junge Außenseiterin Tracy, die sich mit Barbara angefreundet hat, da gibt es das Ehepaar van Laar, die Besitzer des Naturreservats, sie bewohnen das Haus Self-Reliance.
Fäden ziehen sich zusammen, Schuld wird zugewiesen, Investigator Luptack recherchiert
unvoreingenommen, muss sich zusätzlich in ihrem eigenen Arbeitsbereich herablassend und bevormundend von ihrem Vorgesetzten durchsetzen und zuhause auf ihre Selbständigkeit bestehen
Liz Moore zeigt einzelne Mitstreiter auf, deren Herkunft und deren Antrieb. Sie zeigt verwundete Seelen und taffe Heldinnen an diesem Ort. Es sind kluge Beobachtungen menschlichen Verhaltens und auch der Überheblichkeit und der Wertevorstellungen der Reichen in den 1950ger,1960ger Jahren. Werden die sozial Vernachlässigten von den Wohlhabenden belastet, beschuldigt?
Judytha denkt:
„Reiche Leute werden vor allem dann wütend, wenn sie merken, dass sie für ihre Vergehen zur Rechenschaft gezogen werden sollen“

Der Wald und das Camp sollten heilen – doch ist dies der Fall?„Wenn du dich verlaufen hast, setz dich hin und Schrei“ , ein Leitsatz des Camps reicht nicht im geringsten aus.
Es scheint alles nicht so zu sein, wie es sich die Van Laars zurechtgelegt haben.
Innerhalb von Lügen und jahrelangen Täuschungen findet Judytha die Wahrheit heraus und trifft eine Entscheidung.

Die Zeit 1975 mit all den Umbrüchen atmet auf und das Buch gibt einen positiven hoffnungsfrohen Ausblick.
Ein Einblick in eine Zeitepisode, die alle geprägt hat. Judytha die Heldin schreitet trotz aller Hindernisse voran, ebenso Barbara zu selbstbestimmten Frauen, die ihre Selbständigkeit nicht bezeichnen müssen durch ein namensgebendes Haus namens Self-Reliance – sie sind es von innen heraus. 1975 wurde von der Uno zum ersten Mal das internationale Jahr der Frau ausgerufen, Judytha und Barbara sind Pioniere und geben dem Roman den erleichterten hoffnungsfrohen Ausblick – und dieser wirkt nach. Grübeln wird man allerdings über die menschlichen Mechanismen, die Schuld zuweisen, die Opfer werden lassen. Und ist nicht auch dies oder jenes übertragbar auf heute? Das Buch stellt dar anhand eines Zeitabschnitts. Sehr gut gefallen hat mit die Zeitleiste, die über jedem Abschnitt genau den behandelnden Zeitabschnitt zeigt von 1961-1975. Spannende 590 Seiten eines packenden Krimis und eines Gesellschaftsromans!
Klug und mitreißend beschrieben und komplex konstruiert von Liz Moore. Für mich ein Buch, dass den Vorschusslorbeeren vollends gerecht wird und das ich jederzeit weiterempfehle. Ein Highlight!