Beklemmende Idee, ausbaufähige Umsetzung

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„Ich bin der Gräber“ so lautet der Titel eines unheimlichen Manuskripts, das die Lektorin Annika Granlund eines Tages vor der Tür des Eklund-Verlags findet. Es handelt sich um die wahnhafte Autobiografie eines real existierenden Serienmörders, der sich in die Keller seiner Opfer gräbt. Jedes Jahr am 6. November verschleppt er ein neues Opfer in sein dunkles Reich. Im Haus der Opfer bleibt nichts zurück als ein klaffendes Loch im Kellerboden. Verfasst wurde der Text angeblich von Jan Appelgren, einem berühmten Krimi-Autoren der vor sechs Jahren gemeinsam mit seiner Ehefrau spurlos verschwand. Um den Verlag vor dem Konkurs zu retten, trifft Annika eine folgenschwere Entscheidung. Sie lässt Appelgren für tot erklären und beschließt das Manuskript gegen alle Widerstände zu veröffentlichen, nichts ahnend welches Unheil sie dadurch auslösen wird.

Die Handlung dieses ungewöhnlichen Thrillers wird größtenteils aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt. Da ist zum einen die ambitionierte Lektorin Annika, die verzweifelt versucht, die drohende Pleite ihres Verlags abzuwenden. Doch hat sie mit der Veröffentlichung des Manuskripts wirklich die richtige Entscheidung getroffen? Neben dem Stress auf der Arbeit ist sie geplagt von privaten Problemen mit ihrem Mann Martin. Die beiden möchten unbedingt eine Familie gründen, allerdings läuft es weder beim Hauskauf noch bei der Familienplanung rund. All dies wirkt sich zunehmend negativ auf Annikas psychische Verfassung aus und sie wird mehr und mehr zu einem Schatten ihrer selbst. Immer wieder hört sie kratzenden Geräusche an den Hauswänden und sie wird von verstörenden Albträumen heimgesucht. Auswüchse einer überreizten Psyche oder doch grausame Realität?
Auf der anderen Seite verfolgt der Leser die zuweilen etwas dürftig wirkende Ermittlungsarbeit der Kriminalkommissarin Cecilia Wreede. Sechs Jahre nach dem ersten Auftauchen des Gräbers hat die Polizei noch immer keine Spur zum Täter und die Ermittlungen stecken in einer Sackgasse. So beschränkt sich die Arbeit von Cecilia und ihrem Kollegen überwiegend darauf ein paar Zeugenbefragungen durchzuführen, da sich an den Tatorten kaum verwertbare Spuren finden lassen und auch die Leichen der Opfer nie gefunden wurden. Einzig das plötzlich auftauchende Manuskript scheint den Ermittlungen neuen Schwung zu verleihen.

Die Geschichte an sich beginnt sehr vielversprechend. Die Vorstellung eines Serienmörders, der genau einmal im Jahr zuschlägt und sich durch den Kellerboden Zugang zu den Häusern seiner Opfer verschafft, jagt einem einen kalten Schauer über den Rücken. Auch wenn mir recht schnell klar war, wer sich hinter dem Gräber verbergen muss, tut dies der Spannung kaum Abbruch. Fredrik P. Winter gelingt es, die beklemmende Atmosphäre die gesamte Handlung über hoch zu halten. Am Anfang der Kapitel stehen jeweils kurze Zitate aus dem Manuskript des Gräbers, die der Geschichte einen zusätzlichen Gruselfaktor verleihen. Je weiter der Plot voranschreitet, desto mehr verschwimmen Realität und Fiktion miteinander und man fragt sich, worauf das Ganze letzten Endes hinauslaufen wird.
„Der Gräber“ ist definitiv kein normaler Thriller und verläuft doch anders als zunächst erwartet. Die Geschichte entwickelt sich mehr und mehr zu einem Horror-Roman mit Mystery-Elementen, wobei die Logik leider ein wenig auf der Strecke bleibt.
Mein Fazit: In der Idee eines unheimlichen Serienmörders, der einem Phantom gleicht, hätte durchaus mehr Potenzial gelegen. Leider driftet die Handlung zunehmend ins Wahnhafte ab und büßt dabei einiges an Glaubhaftigkeit ein. Daher nur 3 von 5 Sternen von mir.