Panama in tiefen Atemzügen

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imperatorwilma Avatar

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Ein Riss geht durch Paname. Der physische wächst von beiden Ufern des Landes jeden Tag ein Stück bis der Panamakanal als neues Nadelöhr der Schifffahrt entsteht. Der zweite Riss, viel feingliedriger, dringt viel subtiler und dennoch viel schneller voran. Er geht durch die Gesellschaft, durch Familien, teilt diejenigen, die im Bau des Panamakanals eine Chance für eine blühende Zukunft sehen und diejenigen, die die bisherige Suveränität Panamas und das lokale Lebensgefühl bedroht sehen. Gleichzeitig bringt er auch Klassenkämpfe in ein Land, dass bisher Rassismus nicht in solch einer Form gekannt hat.

Die Geschichte dreht sich nicht so sehr um den Bau des Kanales, die technischen Details, Baufortschritt und die wirtschaftlichen und politischen Angelegenheiten. Viel mehr begleiten wir eine Reihe an Menschen, die in irgendeiner Form mit dem Bau in Berührung kommen bzw. nach Panama gekommen sind. Arbeiter aus anderen tropischen Gefielden, die hier unter harschen Bedingungen schuften müssen, ein Bauwerk entstehen lassen, für dass sie letztendlich keinerlei Ruhm, Dank und Anerkennung bekommen, oder aber die Frau eines amerikanischen Forschers, der versucht die grassierende Malaria auszurotten, aber es nicht schafft aus seinem Schatten auszubrechen und ihr eigenes Leben zu leben. Aber auch die lokale Bevölkerung, die sich eigentlich nicht mit dem Bau auseinandersetzen will, bis die eigene Heimat oder Familie betroffen ist.

Die Autorin ist dabei sehr gut darin, die verschiedenen Protagonist:innen authentisch, interessant und vor allem tiefgründig und vielschichtig erscheinen zu lassen. Auch wenn wir viele verschiedene Personen durch die Geschichte begleiten wird einem einerseits nie langweilig, außerdem steht jede der Figuren so stark für sich alleine, dass man nicht das Gefühl hat, dass sich mehrere Personen charakterlich sehr stark ähneln. Ängste, Träume und vor allem die Hintergründe, was die Personen dazu gebracht hat, meist alleine aufzubrechen, um nach Panama zu reißen, werden detailiert erkundet. Es fällt einem nicht schwer, nicht mit den Protagonist:innen mitzufiebern, und auch bei denjenigen, die meines Erachtens nach als schlechte Menschen konzipiert wurden, regen Mitgefühl und es stellt sich heraus, dass es einen Grund gibt, warum sie tun, was sie tun und von uns als bösartig wahrgenommen werden.

Die Handlungsstärnge ziehen sich nur über einen recht kurzen Zeitraum von mehreren Monaten. Kurz gerade im Hinblick darauf, dass wir Beginn und Fertigstellung des Baues nur in kurzen Annektoten geschildert bekommen. Jede der Personen geht nach diesem Zeitraum - sofern möglich - wieder ihre eigenen Wege, ich hätte mir aber Interaktion über einen längeren Zeitraum gewünscht. Ich glaube zwar, dass das Buch dadurch zu lange gestreckt worden wäre und nicht mehr so kurz und kompakt funktioniert hätte. Es fühlt sich ein wenig wie ein tropischer Fiebertraum an, aus dem man erwacht, weil man muss, aber gerne wieder zurück eingetaucht wäre.

Und so zeichnet sich das Buch durch sein histroisches Wissen zu den Anfangsjahren Panamas und bunte, vielschichte Erzählweise aus. Ein kurzer, prägnanter Eindruck von Menschen und Land, bei dem man sich gewünscht hätte, er möge noch ein Stückchen weitergehen.