bleibt hinter den erwartungen zurück, kurzweilig aber wenig tiefgründig

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blätterwald Avatar

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Dieses Buch macht es seinem Leser nicht gerade leicht, wie ich finde. Da prallen Klischees aufeinander, die bei diesem Thema schier unausweichlich scheinen und trotzdem findet man auch wirkliche Erkenntnisperlen in diesem Buch. Am Ende habe ich mich gefragt, was der Autor wollte, ein witziges Buch schreiben, ironisch die Wiedervereinigung anpacken oder jede Menge Kritik in Witz verpackt an den Leser bringen.
„Freiheit ist anstrengend, Freiheit ist Arbeit, genau wie Demokratie. Es sind tolle Begriffe, aber ich würde denken, zwei Drittel der Bürger, auch im Westen, können damit in Wahrheit nicht viel anfangen. Sie sind froh, wenn jemand für sie entscheidet, auch weil sie dann immer jemanden haben, auf den sie sauer sein können.“
Es gibt noch so einige Zitate, die das Leben im vereinten Deutschland auch gut beleuchten, trotz all der üblichen Klischees, die hier auftauchen.
Michael Hartung, aufgewachsen im Osten und so einiges erlebt, ist zum Zeitpunkt der Handlung erfolgloser Videothekenbetreiber und wird wider Willen, ein westdeutscher Journalist hat ihn aufgetrieben, zum Helden, der im Sommer 1983 eine S-Bahn Weiche falsch gestellt hatte und somit zum Fluchthelfer wurde. Ein bisschen hier geflunkert, ein wenig dort aufgebauscht und schon hat man eine Geschichte, die, wäre sie so wahr gewesen, eine mutige Heldentat gewesen, so aber war es eine Verkettung von Umständen. Der unbedarfte Ossi und der gerissene Wessi. Der Medienbetrieb wird hier gehörig auf die Schippe genommen, doch das alles geht in einer recht vorhersehbaren Geschichte unter. Das Buch ist nicht schlecht geschrieben, sehr unterhaltsam. Und man kann sehr viele Parallelen auch zur heutigen Zeit ziehen. Doch vielleicht sieht das jemand, der im Osten aufgewachsen ist, dieses Buch anders als jemand, der auf der anderen Seite der Mauer groß geworden ist.
Der Erzählstil sowie der Schreibstil sind angenehm und flüssig, man kommt sehr schnell in die Geschichte hinein. Man wird gut unterhalten, und heutzutage braucht man das auch mal. Es gibt viele Romane, welche diese Zeit versucht haben zu beleuchten und es waren auch gute dabei. Michael Hartung wird als kurzlebiger Held der Friedrichstraße dem einen oder anderen in Erinnerung bleiben. Aber so wirklich begeistert hat er mich nicht.