Der Held, der keiner sein wollte

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Der Videothekenbesitzer Hartung wird von seiner Vergangenheit eingeholt. In der DDR hat er unabsichtlich eine voll-besetzte S-Bahn in den Westen geleitet und über 127 Bürgern die Flucht ermöglicht. Auf Drängen eines eifrigen Journalisten wird er zum Helden gemacht. Es wird eine mediale Welle ausgelöst und die einst kleinen Lügen werden immer größer. Die Notbremse ist nicht mehr erreichbar, denn die Verlockung des Geldes für einen doch mittellosen Mann ist zu groß und gleichermaßen genießt Hartung auch die famliliären und gesellschaftlichen Annehmlichkeiten, die mit dem Ruhm einhergehen.
Da stellt sich doch die Frage, was eigentlich kleine und was eigentlich große Lügen.

Besonders gut gefallen hat mir die Auseinandersetzung mit der Identität und vor allem auch der Sichtweisen auf die Vergangenheit, die mich immer wieder zum Nachdenken anregten. Muss ein Bürger aus der DDR permanent unter dem Regime gelitten haben oder ist das eine reine Außensicht? Muss es unbedingt ein Segen sein, plötzlich mit der S-Bahn im Westen zu landen? Ironisch ist vor allem, dass gerade ein Videothekenbesitzer, der täglich gegen den permanenten technologischen (kaptalistischen?) Fortschritt kämpft, zum Helden des Widerstand gemacht wird.

Am Ende war der Roman für mich interessant und in einer speziellen Weise auch tiefgründig. Er hat mich jedoch nicht gefesselt. Ich verspürte nicht diesen pausenlosen Drang endlich zu wissen, wie es weitergeht, den ich aus anderen Büchern kenne. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich mit dem Protagonisten nicht warm geworden bin. Dafür gibt es einen Stern Abzug.