Ein Held wider Willen

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missbibliophile Avatar

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Michael Hartung ist ein ganz gewöhnlicher Mann, bis er - anfänglich nicht ganz wider Willen - plötzlich zu einem der berühmtesten Männer Deutschlands wird, weil durch ein Missverständnis und den Übereifer eines Journalisten jedermann glaubt, er hätte im Sommer 83 mehr als hundert Menschen zur Flucht aus der DDR geholfen.
Er genießt den Ruhm und manches, was dieser mit sich bringt - zum Beispiel das Geld, das er als ein Videothekenbesitzer mit immer kleiner werdender Kundschaft dringend nötig hat - aber als er sich dann ausgerechnet in Paula verliebt, die in der S-Bahn, die er angeblich aus dem Osten in den Westen "geschleust" hätte, als Kind saß, merkt er plötzlich, dass ihm doch nicht so wohl ist mit der "kleinen" Lüge.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Der Schreibstil ist sehr flüssig und bildhaft, man fühlt sich regelrecht wie ein Teil des Romans. Die Flucht und die Umstände, die zu ihr geführt haben, sind auch sehr realistisch dargestellt. Ich habe sogar kurz bei Wikipedia nachgeschaut, ob der Autor sich von einer echten Begebenheit inspirieren hat lassen, aber die Massenflucht via S-Bahn ist wohl Fiktion.
Einziges Manko: Hartung als ca. 60-jähriger Protagonist wirkte viel jünger. Das hat mich beim Lesen stellenweise leicht gestört, aber vermutlich war diese "Unreife" so gewollt vom Autor.
Alles in allem ein kurzweiliges und lustiges Buch, das ich weiterempfehlen würde.