Ein tragischer Nachwende-Held

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Michael Hartung war in der DDR bis zu dem Vorfall, der im Mittelpunkt der Handlung steht, zunächst bei der Staatsbahn tätig und wurde anschließend zwangsversetzt. Nach der Wende setzte er dann mehrfach auf neue Technologien, die irgendwann dann auch wieder nicht mehr zeitgemäß waren. Zuletzt auf eine Videothek, an der er, mehr aus Verzweiflung weiter festhält, obwohl diese mittlerweile natürlich ein Draufzahlgeschäft ist.

Eines Tages taucht ein Journalist bei ihm auf, um dessen Stelle es ebenfalls nicht allzu gut bestellt ist und der dringend eine gute Story anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Wiedervereinigung braucht. So wird aus dem Versehen Michael Hartungs, der in der DDR eine Weiche beschädigt und so versehentlich einen Zug in den Westen umgeleitet hat, plötzlich ein Akt des Widerstands und Hartung wird zum in Talkshows und von Politikern gefeierten Helden, der wegen seiner selbstlosen Tat im Stasi-Gefängnis leiden musste. Das beschert ihm neben dem Ruhm auch einen kleinen Geldsegen, den er dringend braucht, um die Mietschulden seiner Videothek bezahlen zu können und so spinnen er und der Journalist immer weiter an seiner "Helden-Geschichte".

Maxim Leo ist es in seinem Roman sehr gut gelungen, seinen Protagonisten so zu gestalten, dass er trotz alles Scheiterns, für das man ihn als Leser bemitleidet, und seiner leicht schrulligen Art auch liebenswerte Seiten aufweist. Er schreibt auf eine sehr humorvolle und unterhaltsame Art und Weise und fängt die Stimmung von Michael Hartung, der irgendwie doch nie komplett im wiedervereinigten Deutschland Fuß gefasst hat, sehr gut ein und regt zugleich auch zum Nachdenken an, über den Umgang von Westdeutschen mit Menschen, die in der ehemaligen DDR aufgewachsen sind und mit der DDR-Vergangenheit allgemein, die ja nicht nur aus heldenhaften Fluchthilfe-Geschichten bestand, die bei bestimmten Jubiläen immer wieder aufgewärmt werden.