Überraschend!

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celinaliest Avatar

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„Die DDR galt, da waren sich alle sicher, als auserzählt“ (S.28)

Michael Hartung, der Held der Geschichte, hat zunächst einmal nichts getan, was eine Person üblicherweise zum Helden macht und auch besitzt er keine der klassischen heldenhaften Charaktereigenschaften. Er ist ein fauler, arbeitsscheuer, durchschnittlicher Mann, der das Leben so passieren lässt, ohne aktiv daran teilzuhaben. Nicht wirklich zufrieden mit seiner Lebenssituatiin, aber auch absolut nicht bereit, aktiv daran etwas zu ändern. Vielmehr führt eine Verkettung glücklicher (oder unglücklicher?) Umstände dazu, dass Michael Hartung von einem Journalisten aufgespürt wird und den Titel „Held“ aufgedrückt bekommt. Hartung, der passiv sein Dasein hinter der Theke seiner Videothek fristet, wird ins Scheinwerferlicht geschubst und fühlt sich dort auch im Großen und Ganzen ziemlich schnell wohl. Eine Lüge jagt die nächste und er stellt treffend fest, dass man gar nicht so einfach wieder damit aufhören kann. Auch wenn er sich zunehmend zwischendurch immer mal wieder etwas unwohl fühlt, ändert er sich hieran wieder nichts aktiv. Die Konstellation um den Journalisten Landmann und den Helden Hartung, der eigentlich keiner ist, erinnerte mich teilweise an die Story um den Stern-Journalisten Gerd Heidemann, den Fälscher Konrad Kujau und die gefälschten Hitler Tagebücher (Das kann natürlich auch daran liegen, dass ich gerade erst den „Faking Hitler“ Podcast gehört habe 😅).

Mit viel Witz spielt der Autor mit den typischen Ost-West-Klischees und erzählt eine aberwitzige Geschichte, die stellenweise so absurd ist, dass sie schon wieder wahr sein könnte. Der Erzählstil gefällt mir sehr gut und das Buch lässt sich „locker“ lesen. In der absurden Komik verstecken sich plötzlich ernsthafte Gespräche über die Bedeutung von Freiheit und Wahrheit: „Es gibt die kleine Wahrheit. Und es gibt die große Wahrheit.“ (S.188) Die eine Wahrheit gibt es nicht, es sind immer zwei Seiten einer Medaille. Die Geschichte bietet mehr Stoff zum Nachdenken, als ich anfangs gedacht hätte und das ohne den Anspruch zu erheben, besonders bedeutungsvoll zu sein. Alles in allem hat das Buch meine Erwartungen tatsächlich übertroffen. Ich kann das Buch auf jeden Fall weiter empfehlen.