Neues Leben im Alten Land

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Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes ist Felicitas auch zwei Jahre später noch voller Schuldgefühle und Trauer. Sie funktioniert nur noch, auch wenn es um ihre vier Kinder geht. Ihre Geige hat die Berufsmusikerin an den Nagel gehängt. Die Versicherungssumme reicht für den spontanen Kauf eines alten Gasthofs im Alten Land. Doch der Neuanfang gestaltet sich schwierig für Fee und die Kinder. Zu Nachbar Jesko fühlt sie sich hingezogen, traut sich aber nicht weiter aus schlechtem Gewissen dem verstorbenen Mann gegenüber. Schon bald wird das Geld knapp, die Reparaturen am Haus sind zahlreich und die Zukunftspläne der Familie müssen neu überdacht werden. Ob und wie Fee in ihr neues Leben findet, davon handelt Valerie Paulings Roman.

„Der Himmel ist hier weiter als anderswo“ ist die zutiefst ehrliche, aber auch warmherzige Geschichte über den Neuanfang einer Witwe mit vier Kindern im Alten Land. Dabei geht es nicht immer nur utopisch zu, sondern das Leben der Familie wird realistisch mit allen Ecken und Kanten geschildert. Mir gefiel es, dass die Autorin authentisch über die Gefühle einer Mutter schreibt. Ja, es gibt Tage, da hat man ein schlechtes Gewissen, weil man sich nicht gekümmert hat, nicht richtig zugehört hat, Dinge vergessen hat. Es gibt Sorgen und Streit, dann aber wieder großen Zusammenhalt.
Auch Fees zwiegespaltene Gefühle zu ihrer Geige und zu ihrem Beruf als Musikerin fand ich als Hobbymusikerin sehr interessant geschildert. Beinahe krampfhaft leugnet sie, was sie sich in im tiefsten Innersten wünscht. Das führt am Ende allerdings zu schnell wechselnden Entschlüssen.

Romane rund um Frauen, die einen Neuanfang auf dem Land wagen gibt es etliche, doch an Valerie Paulings Roman gefiel mir vor allem ihr ansprechender Schreibstil mit klaren Worten, die wunderschöne Bilder im Kopf zaubern, aber nie ins Kitschige abdriften. Daneben gefiel mir die realistische Schilderung von Fees Familie und deren Problemen. Die vier Kinder sind ebenfalls sehr authentisch porträtiert und aktuelle Themen wie „Fridays for Future“ werden mit eingebunden. Auch die Menschen auf dem Dorf und ihr Leben werden harmonisch in die Handlung eingeflochten.

Das wunderschöne Cover deutet es schon an, „Der Himmel ist hier weiter als anderswo“ passt perfekt zu einem Sommertag in der Hängematte. Die Handlung fließt wie ein ruhiger Fluss dahin. Stellenweise hätte ich mir ein etwas flotteres Handlungstempo gewünscht und die Auflösung mancher offener Frage. So wäre es schön gewesen, wenn Fee Katharinas wahre Gefühle ihr gegenüber entdeckt hätte oder wenn man erfahren hätte, wer hinter den Verleumdungen gegen das „Jardin de Menthe“ steckt.

Im Großen und Ganzen hat mir Valerie Paulings Roman um Geigerin und Familienmanagerin Felicitas sehr gut gefallen! Ein schönes Frauenbuch für den Sommer!