Das dunkelweiße Nichts eines nicht endenden Winters

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owenmeany Avatar

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Den undefiniert schwierigen Lebensverhältnissen entflieht eine kleine Familie auf eine menschenleere Insel, die eine unwirtliche Zuflucht bietet. Der Junge Hans lechzt nach Zuwendung, aber die Eltern sind in ihren eigenen Problemen zu befangen, um sich ihm zu öffnen. Eine emotionale Heimat findet er in der Natur. Bei all der Härte des Insellebens ist Hans schließlich der absoluten Absurdität ausgeliefert, als ihn die Schulpflicht wieder in die sogenannte Zivilisation zwingt. Nachdem er sieben Jahre lang die traumatisierenden Zustände im Erziehungsheim überlebt hat, gelingt ihm die Rückkehr auf seine Insel, ohne jedoch noch einmal eine Beziehung zu Vater und Mutter aufnehmen zu können.

Rasch hat man das Bändchen gelesen, doch lange hallt es nach, durchtränkt von geballter Atmosphäre. Durch die Umstände gezwungen sucht Hans die Einsamkeit bewusst und absichtlich auf. Die innere Realität und die archaischen Gewalten schildert Gieselmann in einer hochartifiziellen Sprache, in der jedes Wort handverlesen ist. Dabei nutzt er auch surrealistische Bilder: "Ein Mädchen auf dem Gehsteig spielte Werwolf." (S. 63). Häufig kulminieren die Betrachtungen in philosophischen Bonmots: "So wie die Vernunft den Wahnsinn braucht [...] braucht die Gemeinschaft die Einsamkeit [...]."

War ohnehin das ganze Buch wie von einem Nebelschleier verhangen, verschwindet am Ende alles im Nichts.

Bei all der Trostlosigkeit im menschlichen Zusammenleben, in dem kaum eine Kommunikation möglich ist, feiert der Autor eine Hymne auf die Natur und ihre Kraft zur Regeneration. Empfehlen würde ich dieses Werk nachdenklichen Lesern von Lyrik und stilistisch ambitionierter Literatur.