Wer trauert um Wellen?

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constanze_pachner Avatar

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"Anfang der Sechziger in einem Teil Deutschlands. Das Ehepaar Roleder zieht auf eine unbewohnte Insel inmitten eines Sees. Es ist eine Flucht nach innen, vor der Stadt und der Wirklichkeit. Mit dabei ist ihr Sohn Hans, der auf der Insel seine Traumwelt findet und mit ihr verwächst. Bis die Realität hereinbricht und ihn vertreibt. Es ist der Beginn einer Odyssee, gelenkt von den gnadenlosen Institutionen des Staates und dem Wunsch zurückzukehren..." (Klappentext)

Kennt Ihr das, wenn ein Roman mit seiner imposant erstrahlenden Sprachmagie sich konzentrisch wie eine Dauerschleife in Deinem Gemüt ausbreitet - mal sanft, mal aufbauschend, mal beglückend, mal erregend - , und dann kommt der Punkt, an dem es an gewollter Sprachinszenierung einfach zu viel wird? Die Figuren verwehen dadurch wie Pulversand von des Lesers' Händen, sind nicht mehr zu spüren, nur noch in leisen Stimmungen hörend zu erahnen.

#dirkgieselmann beeindruckt in seinem Debutroman #derinselmann mit Metaphern, die aufblitzen wie Saphiersteine am Wegesrand, die in ihrer auftretenden Häufigkeit auf die Dauer meine Augen blinzeln ließen - oft blendet ein das an gewollter Schönheit überfrachtete.
Der Autor erzählt labil wehmutsvoll von einer unbeugsam mystisch erwünschten Welt, die sich in scheuer Stille in einem balladenartigen Format mit durch einen kraftvoll sinkenden Stein hervorgerufenen Wellen anpirscht, aufbäumt, aufreißt und im Nichts verschwindet. Schade, dass diese Welt bei mir wirklich im Nichts verschwindet - ich möchte immer um die Wellen trauern, die durch die Lektüre einer Geschichte introvertiert in mir ausgelöst werden. Wenn das Zuklappen eines Buches eine Welle der Träne durch meinen Blutkreislauf anstößt - hallt es lange nach. Dem #derinselmann gelang dies, trotz der zahlreichen Stellen voll beeindruckendem lyrisch-poetischen Könnens sowie der innovativ gewollten Verzerrung eines Saga - Formates, bei mir leider nicht. Sicherlich aber bei vielen anderen Leser*innen!

Vielen lieben Dank an @kiwi_verlag für das #rezensionsexemplar