Schöner Erzählstil, aber hinter den Erwartungen zurück geblieben

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«Der Junge aus dem Meer» von Garrett Carr erzählt die besondere Geschichte eines gestranden Findelkindes und sein Heranwachsen in seiner Adoptivfamilie innerhalb eines primitiven Fischerdorfes.
Das Werk spielt an der irischen Küste und hierhin fühlt man sich durch den unaufgeregten Schreibstil und die bildhaften Beschreibungen auch schnell versetzt.
Als Fischer Ambrose Bonnar eines Tages mit seinem Fischerboot Retour kommt, wird sein Leben und das seiner Familie von einem Moment auf den anderen auf den Kopf gestellt.
Am Strand stößt Ambrose auf ein angeschwemmtes Baby, dessen Herkunft im Buch ungeklärt bleibt. Liebevoll nimmt er es an sich und der Fischer und seine Frau Christine beschließen schlussendlich, den Jungen zu adoptieren und ihn, neben ihrem leiblichen Sohn Declan, als viertes Teil der Familie großzuziehen und taufen ihn auf den Namen Brendan.
Das Buch erzählt detailverliebt, einfühlsam und aufwühlend zugleich vom teilweise sehr angespannten Familienleben der Bonnars. Denn neben Existenzängsten sind auch mit der neuen Familienkonstellation nicht alle Familienmitglieder ganz einverstanden. So kommt es, dass es zwischen den beiden Jungen immer wieder zu Rivalitäten und Konkurrenz während des Heranwachsens kommt.
Der Schreibstil bleibt, wie für irische Literatur typisch, zurückhaltend und unaufgeregt.
Im Zentrum der Geschichte steht zu Beginn noch die Familie und die ländliche Provinz, die ausschließlich von der Fischerei lebt. Und hier komme ich zu meiner großen Kritik, denn das Thema Fischerei wird meiner Meinung nach etwas zu tiefgründig und detailliert beschrieben und drängt sich in die eigentliche Erzählung, wenn sie sie nicht sogar verdrängt.
Dass es bei (Stief-) Geschwistern zu Reibereien kommen kann ist nichts Ungewöhnliches. Ich hätte mir an dieser Stelle mehr Tiefgang und Pfiff, einfach etwas Besonderes gewünscht. Auch, dass Brendan seiner Herkunft nicht auf die Spur gehen und herausfinden möchte, woher er stammt, ist mir ein Rätsel. Nach dem Buchcover, wo ein Junge sehnsüchtig aufs Meer herausschaut, hatte ich mir mehr Spannung und Aufruhr erwartet. Eine spektakuläre Wendung o.ä. fehlen mir hier völlig. Bei einem Werk dieser Seitenanzahl habe ich mir deutlich mehr erhofft. Leider blieb das Buch trotz angenehmen Schreibstil hinter meinen Erwartungen zurück.