Auf der Jagd nach den Kaffeepflanzen

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mammutkeks Avatar

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Im Jahr 1683 soll sich der gescheiterte Virtuose Obediah Chalon auf den Weg machen, um für die Vereinigte Ostindische Compagnie, die berühmte und wichtige Handelsorganisation aus Holland, Kaffeepflanzen aus Arabien zu besorgen. In langen Beschreibungen wird der Leser in die vielfältigen Vorbereitungen einbezogen - auch die Reise wird detailliert beschrieben, allerdings nutzt der Autor bei der eigentlich titelgebenden Handlung ein Stilmittel, das mich nicht wirklich glücklich macht. Allerdings ist dies vielleicht eines der wenigen Spannungsmomente dieses doch eher langatmig zu nennenden historischen Romans, so dass ich nicht weiter darauf eingehen möchte, um den Überraschungsmoment nicht zu zerstören ...
Nein, für gelungen halte ich "Der Kaffeedieb" von Tom Hillenbrand nicht. Die Ausstattung ist toll, zwei wirklich gelungene Karten, die die Erlebnisse der "Diebe" leichter verständlich machen, auch der Schutzumschlag passt gut zum Buchthema. Das Glossar ist sicherlich hilfreich, wenngleich viele Sachen einfach fehlen. Zumindest hab ich die Erfahrung gemacht, dass fast jedes Wort, das ich im Glossar nachschlagen wollte, dort nicht enthalten war und sich auch im Zusammenhang längst nicht immer erschließen ließ.
Die Geschichte des Kaffeediebs nachzuerzählen, fällt mir wirklich schwer. Die vielen Referenzen an wohl zeitgenössische Forschungen in der Naturphilosophie finde ich interessant, hätte sie aber lieber in einem anderen Zusammenhang erfahren. Temperaturmessung, die Erforschung von Wetterphänomenen, von biologischen Zusammenhängen usw. usw. sind spannende Themen - machen den "Kaffeedieb" allerdings ziemlich zäh zu lesen.
Auch die Informationen zum frühen Genuss des Kaffees, also das Aufkochen und Aufbewahren im Fass, um dann das Getränk tassenweise wieder zu erwärmen, find ich spannend. Die passten auch gut zum Thema. Und dann das Erstaunen, dass es auch anders geht - dass die frisch gemahlenen Bohnen frisch aufgebrüht werden - und dann ganz anders und besser schmecken.
Aber diese kleinen Highlights blieben irgendwie versteckt und viel zu selten. Denn die Storys rund um die eigenartigen Traktate, um die Münzen, die statt des eigentlichen Geldes verwendet werden, um so vieles, was eigentlich interessant sein könnte, aber die ganze Geschichte verwässert und verlängert, tun dem Romangeschehen für mich nicht wirklich gut.
Im Vergleich zu den kulinarischen Krimis um Xavier Kieffer fällt der "Kaffeedieb" für mich deutlich ab. Der Stil ist zwar ok, aber Hillenbrand verfällt für mich in zu viele Details. Sicherlich ein Zeichen für intensive Recherchearbeit, aber vielleicht hätte er ja auch einen Teil für einen weiteren Roman nutzen können?!