Historische Spannung mit vielen Wendungen

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mythenmetzfan Avatar

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Tom Hillenbrand schafft mit "Der Kaffeedieb" einen wirklich spannenden und bestens recherchierten historischen Roman. Von der ersten Seite an kann man sich wunderbar in die Welt des Obediah Chalon einfühlen. Sowohl vielfältige Details als auch die perfekte und vollständig durchgehaltene historische Sprache lassen den Leser denken, dass er sich tatsächlich im 17. Jahrhundert befindet. Obediah, dem das Schicksal schon mehrmals übel mitgespielt hat, ist eigentlich ein Virtuoso und Naturphilosoph. Um sich dieses Leben allerdings finanzieren zu können muss er neben der Veröffentlichung von wissenschaftlichen Traktaten, auch Betrügereien begehen. Ein großer Coup ist dabei das Fälschen von Wechseln der Holländischen VOC, dem Vorläufer der Geldscheine. Leider läuft alles nicht so wunderbar wie geplant und er muss auf den Kontinent fliehen, ausgerechnet in den Niederlanden fasst er wieder Fuß und kann sein Leben fortführen. Um das Ganze abzukürzen: Er fliegt nochmals auf und landet im schlimmsten Gefängnis Hollands. Da holt ihn niemand anderes als die VOC wieder heraus, da sie jemanden mit Obediahs Verstand und Wissen brauchen, der vollständig von Hilfe abhängig ist, so wie es auf ihn auch zutrifft. Zur damaligen Zeit, Ende des 17. Jahrhunderts beginnt der Kaffee langsam in ganz Europa sehr beliebt und viel verkauft zu werden. Kaffee wird allerdings nur in einer Stadt der Welt, in Mocha, angebaut, und diese vollständig von den Türken kontrolliert und bewacht. Diese haben also das Monopol auf den gesamten Kaffeehandel der Welt, auch dadurch, dass sie nur abgekochte und unfruchtbare Bohnen verkaufen. Obediah soll nun für die Holländer eine Seereise mit einem perfekt ausgerüsteten und zusammengestellten Team organisieren, nach Mocha fahren, dort Kaffeebäume stehlen und diese wohlbehalten nach Amsterdam bringen. Dafür winken ihm Straffreiheit und ihm und den Mitgliedern seines Teams Reichtum und Wohlstand. Natürlich lässt sich Obediah darauf ein, es ist der einzige Strohhalm, der ihm bleibt. Etwas verwundert hat mich die Tatsache, dass es mehr als die Hälfte des über 400-Seiten-Buches braucht, bis das Team sich endlich auf die Reise macht. Doch es ist alles was spannend ist, vorhanden: die geheimnisvollen Vorbereitungen, verschlüsselte Botschaften, eine abenteuerliche Seereise, Liebe und Leidenschaft, Briefe und Erzählung aus der Sicht der Feinde und Gegenspieler, Katastrophen, Wunder, ein retardierender Moment und ein überraschendes Ende - denn das ist es wirklich, obwohl man sich als Leser abwechselnd sicher zu sein glaubt, dass sie es schaffen, dann dass sie es nicht schaffen und wieder von vorne.
Wenn man sich aber die Welt wie sie dann im 18. Jahrhundert war, und auch die heutige Welt so ansieht, kann man sicher sein, dass es wohl eine oder mehrere solcher Aktionen gegeben haben muss, sonst wäre der Kaffee sicher nicht so beliebt geblieben oder hätte so weite Verbreitung gefunden.
Alles in allem der beste historische Roman, den ich seit langem gelesen habe.