Raub des schwarzen Goldes

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evelynm Avatar

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Das Cover des Romans erinnert an ein schönes, altes Gemälde, was durch das matte Papier noch verstärkt wird. Die beiden Karten auf den Innenseiten des Buches geben einen guten Überblick über Europa und das Osmanische Reich Ende des 17. Jahrhunderts. Die Angaben über die handelnden Personen und das Glossar am Ende des Buches helfen sehr beim Lesen. Landestypische Bezeichnungen und Wörter in der jeweiligen Landessprache gestalten das Lesen bisweilen schwierig, fangen aber die Atmosphäre dieser Zeit sehr gut ein und lassen die Zeit des 17. Jahrhunderts lebendig werden.

Der arme Edelmann Obediah Chalon ist sehr belesen, interessiert an den unterschiedlichsten Wissenschaften und in regelmäßiger Korrespondenz mit diversen Gelehrten in ganz Europa. Im London des 17. Jahrhunderts und zu Zeiten von Louis XIV von Frankreich versucht er durch diverse Spekulationen und Betrügereien an Reichtum zu gelangen, während sich in den Kaffeehäusern der Kaffee immer größerer Beliebtheit erfreut und sich die unterschiedlichen Königshäuser in Europa und die Herrscher im Osmanischen Reich durch Intrigen oder pure Gewalt mehr Macht zu verschaffen versuchen. Als Obediah wieder einmal ein vermeintlicher Coup gründlich misslingt, da seine gefälschten Wechsel auffliegen, landet er in Amsterdam im Zuchthaus. Den sicheren Tod vor Augen wird er durch einen Vertreter der Ostindischen Handelsgesellschaft beauftragt, im fernen Mocha (Osmanisches Reich) Kaffeeschösslinge zu stehlen, um das Monopol der Araber und Türken auf den Kaffee zu brechen. Die hohe Belohnung vor Augen beginnt Obediah eine Gruppe von zweifelhaften Mitstreitern zusammenzustellen und Vorbereitungen für den Diebstahl der Kaffeepflanzen zu treffen. Es ist ein illustrer Haufen, mit dem er in das Abenteuer seines Lebens quer durch Europa bis ins Osmanische Reich zieht: der mürrische, wortkarge, dänische Kapitän Knut Jansen; die lüsterne, sehr wandelbare Trickbetrügerin Condessa Caterina da Glória; der Geschichten erzählende und das Osmanische Reich kennende, italienische General Paolo Marsiglio sowie der junge Hugenotte und ehemalige französische Staatsdiener Pierre Justel. Was ihnen fehlt, ist ein Meisterdieb, den sie in einem unehelichen Sohn Louis des XIV, Graf von Vermandois, finden. Dieser ist jedoch durch seine Diebstähle bei seiner Majestät in Ungnade gefallen und sitzt in einer Festung in Savoyen ein. Obediah plant mit seinen Gefährten dessen Befreiung. Außerdem soll sich noch der geheimnisvolle Jude Cordovero, mit dem Obediah in regem Briefkontakt steht, den er allerdings noch nie zuvor getroffen hat, im Osmanischen Reich zu ihnen gesellen. Unterdessen sind Ihnen der Musketier Capitaine Gatien de Polignac und der Kryptologe Buonaventura Rossignol auf den Fersen. Sie wittern eine Intrige gegen den Sonnenkönig und vermuten, dass sich Obediah und seine Komplizen dazu mit den Türken verbünden wollen. Als der Musketier bei der Verfolgung von Obediah und seinen Gefährten verletzt wird, ist wie er wie besessen davon, ihn dingfest zu machen.

Anfangs etwas langatmig – monatelange Vorbereitungen und Planungen der Reise ins Osmanische Reich und den Diebstahl/Transport der Kaffeepflanzen - entschädigt ab der Mitte des Buches die rasante Handlung mit vielen Verwicklungen und Intrigen. Auch wird der Roman durch die unterschiedlichen Erzählformen sehr lebendig. Tom Hillenbrand zeichnet die Charaktere sehr genau und besonders Obediah ist mir ans Herz gewachsen. Die Handlung hielt mich immer wieder in Atem, so dass ich das Buch gar nicht weglegen wollte und mit Obediah mitgefiebert und mitgelitten habe. „Der Kaffeedieb“ ist ein wunderbarer historischer Roman, den ich sicherlich ein zweites Mal lesen werde.