Eine Wildnis aus Spiegeln

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fornika Avatar

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Nordirland, Mai 1981: „Alles ist hier Gegensatz, nichts ist Synthese. Protestant - Katholik; Grün – Orange; Beatles – Stones; Sclaverandventil – Schraderventil (…). Man musste schon verrückt sein, um hier zu bleiben. Oder träge. Oder masochistisch.“
Ständige Unruhen prägen den Alltag in Carrickfergus; öffentliche Anfeindungen, Anschläge im nahen Belfast, Straßensperren und der tägliche Check nach der Bombe unter dem eigenen Auto sind an der Tagesordnung. Vor diesem Hintergrund geschieht nun ein Mord; die Leiche eines jungen Mannes wird mit abgehackter Hand aufgefunden.
Detective Sergeant Sean Duffy, 30 Jahre und brisanterweise katholischen Glaubens, wird mit diesem, seinem ersten Fall in Carrickfergus, betraut. Zu Seite stehen ihm zwei Kollegen, die sich nicht gerade durch übermäßige Kompetenz auszeichnen und schon mal gerne die Spuren am Tatort zertrampeln oder mit Terpentin vernichten. Zunächst scheint der Fall recht einfach zu lösen, doch dann taucht eine weitere Leiche auf. Hat es Duffy tatsächlich mit dem ersten Serienkillers Nordirlands zu tun? Oder führen die Spuren nicht doch in eine andere Richtung? Duffy kämpft sich durch; arbeitet sich durch widersprüchliche Beweise, gegen seinen widerstrebenden Chef und gegen Zeugen, die niemals einem Bullen die Wahrheit sagen würden. Denn „Wahrheit war etwas, worüber man im Grundkurs Philosophie sprach“…
Adrian McKinty erzählt in teils nüchternem, teils gefühlvollem Ton, bei dem auch eine Prise schwarzen Humors nicht zu kurz kommt. Die Figuren wirken authentisch und man kann sich schon nach wenigen Seiten mit Duffy identifizieren; ein Protagonist, der die nötige Tiefe und Entwicklungsfähigkeit zeigt und den Leser und sogar sich selbst überraschen kann. Die beklemmende Alltagsituation ist immer präsent und man kann erahnen, wie beängstigend das Leben in dieser Situation gewesen sein musste.
Einen einzigen Kritikpunkt habe ich dann doch: manchmal hätte ich mir einfach etwas mehr Hintergrund-Informationen gewünscht. Natürlich kann man so etwas selbst nachschlagen, aber ein paar erklärende Sätze z.B. zu Gerry Adams oder der Sinn Fein im Allgemeinen hätten nicht geschadet.
Alles in Allem fand ich „Der katholische Bulle“ aber wirklich gelungen und freue mich schon sehr auf Teil zwei dieser neuen Reihe von McKinty.