Eine emotionale Existenz, die stets entlang am Abgrund zum Tode wandelt

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maesli Avatar

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Im Roman „Der Kolibri“ erzählt Sandro Veronese die Geschichte von Marco Carrera, einem verheirateten Mann und Vater einer Tochter. Von außen gesehen scheint dies eine ganz gewöhnliche Familie und ein ganz normales Leben zu sein, aber wer einen Blick hinter die Kulissen wagt, dem öffnet sich eine emotionale Existenz, die stets entlang am Abgrund zum Tode wandelt.

Dieses ungewöhnliche Buch beginnt mit einem Telefonanruf. Ein Psychologe bittet Marco um ein Treffen. Marco mag keine Psychologen und hat ein ungutes Gefühlt. Und damit wird er Recht behalten, denn diese Begegnung wird alles verändern. Und während diese Veränderung von statten geht, lässt er die Jahre Revue passieren, und erinnert sich an ein Leben voller trister Momente und wenigen glücklichen Momenten. Marco könnte die Augen schließen und aufhören zu atmen, aber er tut es nicht. Er findet immer wieder die Kraft, voller Schmerz weiter zu flattern.

Meine persönlichen Leseeindrücke
Marco ist ein moderner Held, der die Tücken des Lebens erträgt, weil er keine andere Wahl hat. Die Trennung von seiner Frau, die Probleme seiner Tochter Adele, die Krankheit seiner Eltern, der Tod seiner Schwester. Es gibt so viele Passagen, die berühren und doch braucht es eine gesunde Portion Empathie um mitfühlen zu können. Das scheint in der gegenwärtigen italienischen Literatur ein Trend zu sein denn so ähnlich ist es auch in Donatella di Pietrantonios Roman „Borgo Sud“.
Die Idee, mit verschiedenen Stilen und Momenten zu spielen, gefällt mir. Das macht den Roman dynamisch. Der Wechsel von fast lustigen Momenten zu schockierenden Wahrheiten ist manchmal anstrengend und ich muss konzentriert lesen, damit ich wie ein Puzzle Erinnerungen und Geschichten zusammensetzen und Carreras Leben rekonstruieren kann.

Fazit
„Der Kolibri“ von Sandro Veronese ist ein ungewöhnliches Buch. Sein Protagonist Marco Carrera ist der Kolibri, der niemals still steht und ständig in schneller Bewegung ist. Nur so gelingt es ihm, jedem Schock, jeder Fehlzündung und jeder Grausamkeit zu widerstehen, die das Leben ihm auferlegt. Denn es gibt immer einen Grund, nicht loszulassen, nicht aufzugeben.