Etwas spezial

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Sandro Veronesis erzählt in seinem mit „Premio Strega 2020“ (wichtigsten Literaturpreis des Italiens) ausgezeichneten neuen Roman die Lebensgeschichte eines Augenarztes. Er erzählt über ein Mann, der eine Tragödie die nächsten erleben musste, und zwar fast 70 Jahrelang, aber trotzdem versuchte seine Familie zusammenzuhalten.

Der Kolibri heißt Marco Carrera. Nicht dass er sehr flink wie ein Kolibri ist, sondern als Kind kleiner war als seine Altersgenossen. Er wächst in einer gutbürgerlichen Familie als mittleres Kind auf, spielt gern Tennis, noch gern Glücksspiele. Er studiert Medizin, verliebt sich in das sieben Jahre jüngere Nachbarmädchen, heiratet aber eine Flugbegleiterin und bekommt eine Tochter. Soweit so gut? Ja natürlich, denn was ich hier niedergeschrieben hab, ist chronologisch! Doch wie Herr Veronesis Marcos Lebensgeschichte erzählt, ist alles andere als zeitlich geordnet. Beim Lesen war ich selbst wie ein Kolibri. Mal bin ich vorwärts geflattert, mal rückwärts. Manchmal waren die Zeitspannen so auseinander entfernt, sodass ich immer wieder zurückblättern musste. Bin ehrlich: bis ich alles gemerkt habe, habe ich das halbe Buch gelesen! Obwohl Veronesis Sprache sperrig und der Aufbau sehr chaotisch ist, die Geschichte entwickelt eine Sogwirkung und ich wollte unbedingt weiterlesen, um die Gründe zu verstehen.

Dieser Roman ist wie ein kubistisches Bild, erst nach genauerer Betrachtung erkennt man Einzelheiten. Nicht schlecht, sondern etwas spezial.