Unterhaltsam und zugleich tragisch

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„Du bist ein Kolibri, weil Du wie die Kolibris deine ganze Energie dafür verwendest, auf der Stelle zu bleiben.“ (S. 277)
Das Leben des Augenarztes Marco Carrera – von seiner Mutter Kolibri genannt, weil er bis zu seinem fünfzehnten Lebensjahr im Vergleich zu seinen Altersgenossen relativ klein und zart ist - wird schon gleich zu Beginn des Romans kräftig durcheinandergewirbelt, als der Psychoanalytiker seiner Frau ihm eröffnet, dass seine Ehe am Ende ist und dass seine Frau ein Kind von einem anderen Mann erwartet. Nach diesem sehr neugierig machenden Auftakt wird Marcos Leben Stück für Stück, fast schon wie ein Puzzle, in unterschiedlich langen Kapiteln zusammengesetzt. Der Autor bedient sich hierbei verschiedenster stilistischer Mittel (Briefe, E-Mails, Beschreibungen, Dialoge, etc.), so dass man als Leser*in schon aufmerksam bleiben muss, um nichts zu verpassen, vor allem, weil die Kapitel nicht chronologisch geordnet sind. Belohnt wird man mit einem psychologisch sehr durchdachten Roman, einer Liebesgeschichte, die auch sprachlich auf hohem Niveau erzählt wird.
Der Autor versteht es, durch seinen unkonventionellen und leichten Schreibstil eine fortlaufende Spannung zu erzeugen, so dass das Erzählte nie langweilig wird und man immer weiterlesen möchte. Trotz der teilweise langen und verschachtelten Sätze fand ich den Roman flüssig zu lesen; er enthält einige sehr schöne Sätze voller Weisheiten, die einen zum Nachdenken anregen.
Eine beeindruckende, unterhaltsame und zuweilen auch tragische (Familien)Geschichte – deren Einband zudem wunderschön gestaltet ist – die den Literaturpreis Premio Strega zu Recht bekommen hat.