Spannung und Gänsehaut

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jackdeck Avatar

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Detektive Hunter wird eines Morgens an einen Tatort gerufen, wo er eine grauenhaft entstellte Frauenleiche vorfindet. Der Täter, anscheinend ein religiöser Fanatiker, hat, bis ein dem Opfer in den Nacken geritztes Doppelkreuz, keine Spuren hinterlassen. Er mordet scheinbar wahllos, als ob er experimentieren wollte. Er nimmt sogar Kontakt zu Hunter auf, fordert ihn heraus und verstrickt ihn so in ein perfides, tödliches Katz-und-Maus-Spiel, bei dem man nicht immer weiss, wer nun wen gerade jagt. Der Killer treibt ein ausgefeiltes psychologisches Lotteriespiel, indem er Leben und Tod seiner Opfer vom richtigen Tipp der Ermittler abhängig macht. Diese kommen indessen keinen Schritt voran, landen in einer Sackgasse nach der anderen und scheinen je länger je mehr einem Phantom hinterher zu jagen. Hunter selbst hat keine Ahnuing, wie nah er dem Killer in Wirklichkeit ist.

Fazit: Das Thema des religiös motivierten Killers sowie die Figurenzeichnungen sind alles andere als neu und werden hier in einer aufgefrischten Variation von Lecter-Mixtur dargestellt. Neue, originelle Ideen liefert der Autor zwar keine, doch gelingt es ihm, mit dem stilistischen Trick, den Schluss der Geschichte unmittelbar vor dessen Auflösung im Prolog vorwegzunehmen, den Leser gleich von Beginn weg ins Geschehen zu ziehen. Mit bewährten Elementen und bekannten Mustern, jedoch ohne grossen Anspruch an die Leserschaft, hält Carter den Spannungsbogen seines knallharten Pageturners mit psychologischem Touch bis zum Schluss hochgradig gespannt. Mit dem Ekel- und Brutalitätseffekt rührt er an Seelenseiten des Lesers, die dieser vielleicht lieber nicht gedeutet wissen möchte.
Mit lebendigem, schnörkellosem Stil, originellen Dialogen und kurzen Kapiteln peitscht Carter den Leser von Action zu Action. Die Charaktere sind etwas banal und klischeebehaftet (tougher Cop mit psychischen Problemen), aber dennoch durchwegs überzeugend und relativ lebensecht beschrieben - mit Ausnahme des Killers, der praktisch seelisch ohne Auslotung verharrt. So bleibt die Begründung für dessen Handeln im Trivialen hängen. Tiefgang wird erst im verblüffenden Finale angedeutet, doch er kommt zu spät und beruht, wie zu oft in Standardkrimis, eher auf einer willkürlich aus dem Hut gezauberten Begründung. Agatha Christie lässt grüssen.