Absolut fesselnd

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„Das ist ein Rohrsängernest“ erklärt der junge Biologielehrer Bjarke Venø den Viertklässlern, als sie davor stehen. „Aber es hat Besuch von einem Kuckucksjungen bekommen“ fügt er noch an, als die Kinder mit ansehen müssen, wie dieses Junge die Brut der Rohrsänger aus dem Nest schmeißt. Es passiert noch sehr viel mehr, Bjarke sammelt eiligst die Kinder ein, beinahe hätten sie die Rucksäcke zurückgelassen, wir sind im Mai des Jahres 1992...

…um dann zu Silje Thomsen in die Gegenwart zu wechseln. Nicht das erste Mal ersetzt sie ihre SIM-Karte und schreibt ihrer Tochter kurz ihre neue Nummer. Trotz Wechsel der SIM-Karte hören die beängstigenden Nachrichten nicht auf. „Hab dich.“ Und - ein Abzählreim „Ich zähl eins, ich zähl zwei. Ist noch lange nicht vorbei“ setzt sich kontinuierlich fort. „Ich zähl drei…“, sie bekommt Fotos – sie verschwindet. Spurlos.

Die Kommissarin Naia Thomsen bearbeitet mit Mark Hess diesen mysteriösen Fall, dem bald ein weiterer folgt. Vor einiger Zeit hat eine 19jährige dieselbe Botschaft „Hab dich“ bekommen, bis heute ist ihr Mörder nicht gefunden. Es wird immer bedrohlicher, Thomsen und Hess werden von oben herab ausgebremst und auch ist es eher eine Hassliebe, die zwischen den beiden Ermittlern, die sich von früher kennen, lodert. Jeder ist auf seine Art knallhart, jeder hat genug private Probleme, auch das bekommen wir mit – und doch funktionieren sie als Team.

„Der Kastanienmann“ habe ich nicht gelesen, schon da haben Thomsen und Hess zusammengearbeitet, mehr kann ich eher erahnen als dass ich es wüsste. Ich brauche aber keinerlei Vorkenntnisse, Søren Sveistrups „Kuckucksjunge“ liest sich vom ersten bis zu letzten Satz spannend, er hatte sofort meine volle Aufmerksamkeit. 666 Seiten voller Dramatik, voller brutaler Morde, voller hinterhältigen, nicht durchschaubaren Spielchen, die mich entsetzt und doch gefesselt haben. Ich hatte keinen Durchblick bis dem Ende zu, als sich alles nochmal zugespitzt hat, was ich nie für möglich gehalten hätte.

Alle Figuren, angefangen von Thomsen und Hess über die Mordopfer bis hin zu einer Mutter mitsamt Familie und ihrer Freundin sind ihren jeweiligen Rollen entsprechend gut und glaubhaft dargeboten, die Story, die mit dem Rückblick ins Jahr 1992 beginnt, bleibt danach in der Gegenwart. Man kann der aufwühlenden Handlung gut folgen, wenngleich man erst zum Schluss die Zusammenhänge so richtig fassen kann. Und ja – dieser Thriller ist heftig, er ist nervenaufreibend, er ist absolut fesselnd, ich hab ihn innerhalb kürzester Zeit inhaliert.