Bin total überzeugt!

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cracklinrosie Avatar

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Jörg Hartmann, einer der bekanntesten Schauspieler unserer Zeit, blickt zurück in seine eigene Vergangenheit und die seiner Familie. Und die annähernde Gegenwart kommt auch nicht zu kurz.
Die Erzählungen verschiedener Etappen sind im recht angenehmen Plauderton geschrieben, der sich super lesen lässt. Dabei oft genug mit unerwarteter Sprachgewalt, bei der man den Theatermimen erahnen kann.
Wir erfahren von seinen gehörlosen Großeltern während der Nazizeit, die womöglich nur gerettet wurden, weil sie absolut gesunde Kinder hatten. Oder von seinem Vater, der einst ein stadtbekannter Handball-Held war und wahrscheinlich etwas enttäuscht von seinem in dieser Hinsicht talentfreien Sohn. Der im Alter dann dement in einem Heim immer weniger wird und schließlich stirbt.
Von seiner ältesten Tochter, die - noch winzig - notoperiert werden muss. Und wir erfahren von seiner Laufbahn am Theater; sein Weg über die Suche einer Schauspielschule bzw. eines ersten Theater-Engagements um letztlich irgendwann in der Coronazeit zu landen und mit ihr seine Zweifel an eben dieser Theaterwelt.
Sehr gerührt hat mich die Episode um Wilfried.

Überzeugt hat mich definitiv, wie tief Jörg Hartmann uns in seine Gedanken- und Gefühlswelt eintauchen lässt. Er offenbart eine Empfindsamkeit und vor allem Unsicherheit, die mich stark gepackt hat. Obwohl er zwischendurch immer wieder mit einer ordentlichen Portion Humor seine Episoden würzt (herrlich die Story aus dem chinesischen Teeladen oder die Mettbrötchen-Passage), bleibt es ein eher nachdenkliches, tiefsinniges Buch. Der Kindergeburtstag gegen Ende des Buches ist so unglaublich, dass man meint, es muss erfunden sein. Aber wie ja jeder inzwischen weiß, schreibt das Leben die besten Geschichten.
Seine grüblerischen Gedanken über das Menschsein und das Leben und Vergehen an sich sind mir unglaublich vertraut. Ich hadere mit ganz ähnlichen Fragen nach dem Sinn von allem und konnte so vieles tatsächlich nachempfinden, als wären es meine eigenen. Über das Stadium der Ahnung vom Abschied der Kindheit der eigenen Kinder bin ich allerdings schon hinaus, da das schon einige Jahre hinter uns liegt.
Vielen Dank für diese tiefgreifenden, persönlichen Einblicke in Ihr Leben, Herr Hartmann!