Der zweite Teil der Faustus-Serie

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In seinem historischen Roman „Der Lehrmeister“ setzt Oliver Pötzsch die fesselnde Geschichte rund um den berühmten Magier, Wahrsager und Quacksalber Doktor Johann Georg Faustus fort. Auch wenn die Kenntnis des ersten Teils für das Verständnis dieses zweiten Bandes nicht unbedingt vonnöten ist, halte ich es für ratsam, die Bücher in der richtigen Reihenfolge zu lesen, da das Wissen über die vorherigen Ereignisse den Lesegenuss dieser spannenden Fortsetzung noch erhöht.

Die Handlung beginnt im Herbst 1518. Seit den Geschehnissen in Nürnberg sind sechs Jahre vergangen. Faust zieht mit seiner Ziehtochter Greta und seinem Adlatus Karl Wagner durch die Lande und unterhält die Menschen mit den vielfältigen Künsten der Gauklerei. Der Magier ist mittlerweile berühmt, selbst Fürsten und Bischöfe suchen seinen Rat und lassen sich von ihm Horoskope erstellen. Der gesundheitlich angeschlagene Faust - rätselhafte Zitteranfälle und Lähmungserscheinungen quälen ihn - gerät in das Visier der Großen und Mächtigen, denn es geht das Gerücht um, er sei in der Lage, Gold herzustellen. Und auch sein alter Lehrmeister Tonio del Moravia streckt seine Finger nach ihm aus und fordert ihn auf, seinen Teil des mit ihm geschlossenen Paktes zu erfüllen…

Schon nach wenigen Seiten hat mich die Welt des Doktor Faustus wieder gefangen genommen und ich habe gespannt das Geschehen verfolgt. Der Autor lässt seine Protagonisten von Bamberg aus nach Frankreich und schließlich nach Rom ziehen und wartet dabei mit einer Fülle von Details auf, die diesen Roman zu einer kurzweiligen Zeitreise werden lassen.

Oliver Pötzsch erzählt sehr anschaulich. Der Autor versteht es ganz ausgezeichnet, historische Fakten durch mitreißende Schilderungen mit Leben zu füllen. Neben Fausts Suche nach einem Heilmittel für seine Krankheit ist es vor allen Dingen die politische Lage des ereignisreichen 16. Jahrhunderts, die die Wege der Akteure bestimmt. Die kleine Gruppe begegnet auf ihren Reisen vielen historischen Persönlichkeiten, deren Leben und Wirken einleuchtend mit der Romanhandlung verwoben wurde, so dass man als Leser an den Dingen, die die Menschen damals bewegt und beschäftigt haben, teilhaben kann – dazu gehören zum Beispiel das vielseitige Schaffen Leonardo da Vincis, die reformatorischen Ideen Martin Luthers, der verschwenderische Lebensstil Papst Leo X. oder auch die Gräueltaten Gilles de Rais’.

„Der Lehrmeister“ hat mir sehr gut gefallen – die gut ausbalancierte Mischung aus historischen Fakten, Spannung und Abenteuer wird anschaulich und lebendig erzählt und entwickelt schnell einen Sog, dem man sich als Leser nicht entziehen kann.