Ein zarter Roman über Schuld und Vergebung

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naraya Avatar

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Mauersegler befinden sich ihr ganzes Leben in der Luft. Einmal am Boden, fällt es ihnen schwer, wieder zu starten; in den Lüften hingegen sind sie grandiose Flieger, die sich im freien Fall hinabstürzen, um dann im letzten Moment wieder aufzusteigen. Im freien Fall befindet sich auch Prometheus, Arzt auf der Onkologie. Was ihm geschehen ist, wissen wir zu Beginn nicht – nur, dass es etwas mit dem Tod seines besten Freundes Jakob zu tun hat und er daher auf der Flucht nach Dänemark ist. Wird es auch ihm, wie dem Mauersegler, gelingen, seinen Fall zu bremsen, um sich wieder in den Himmel zu erheben?

„Der Mauersegler“ ist nach „Marianengraben“ der zweite Roman aus der Feder von Jasmin Schreiber. Die Handlung wird aus Prometheus‘ Perspektive in der Er-Form erzählt; dabei nimmt er uns auch immer wieder mit in die Vergangenheit und schildert Erlebnisse mit Jakob. Der Autorin gelingt es dabei sehr gut, einzufangen, was diese Freundschaft seit Kindertagen ausmacht und wie sehr Trauer und Schuld den Protagonisten zu Boden drücken. Im Text finden sich auch Bezugspunkte zu Schreibers vorherigen Büchern: Paula, die Protagonistin aus „Marianengraben“ hat kurz vor Prometheus am selben Ort Zuflucht gefunden, einige Szenen und Dialoge greifen wiederum Themen aus „Abschied von Hermine“, dem Sachbuch der Autorin auf.

Die Flucht des Protagonisten endet zunächst am Strand von Dänemark, wo er von Helle und Aslaug
gefunden und auf deren Hof gebracht wird. Die beiden helfen ihm nicht nur dabei, seine Angst vor Pferden zu kurieren, sondern geben ihm auch die nötige Zeit, die er braucht, um sich dem Schmerz über Jakobs Verlust zu stellen. Vor allem Aslaug hatte es selbst nicht immer leicht im Leben und hilft Prometheus, einen neuen Blickwinkel auf die Geschehnisse zu finden. Die namensgebenden Mauersegler begleiten ihn dabei immer wieder durch die unterschiedlichen Phasen seines Lebens und bieten dabei die perfekte Metapher für seinen Erfolg und sein Scheitern – und im Grunde für den Menschen an sich.

Fazit: Jasmin Schreiber ist erneut ein zarter, emotionaler Roman gelungen, der gerne noch viel mehr Seiten umfassen könnte.