Emotional berührender Roman über eine abrupt endende langjährige Freundschaft

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Dr. Marvin Prometheus Grabow ist ein junger aufstrebender Arzt und der Protagonist des Romans „Der Mauersegler“ von Jasmin Schreiber. Er wird bei seinem Zweitnamen gerufen, den ihm seine Mutter aufgrund der bekannten griechischen Sage gegeben hat, denn ihr gefällt der Held, der Gutes für die Menschheit tut und Strafe nicht scheut. Auch die Hauptfigur hat Gutes im Sinne. Jakob, bester Freund von Kindertagen an hat Krebs und Prometheus verspricht ihm, sein Bestes zu tun, damit er wieder gesund wird. Doch dann überrollt Jakob die Krankheit und stirbt, zurück bleibt der trauernde Freund, der mit Gewissensbissen kämpft. Er flieht vor der Familie, den Freunden und den Konsequenzen mit dem Auto von seinem Wohnort an der Ostsee nach Dänemark und fühlt sich wie ein Mauersegler, der nicht mehr allein vom Grund wegfliegen kann, wenn er geschwächt gelandet ist.

Die Autorin beschreibt einfühlsam die Gefühlswelt von Prometheus, der sich die Schuld am Tod seines Freunds gibt. Voller Verzweiflung kämpft er gegen das mächtige Verlangen an, Jakob ins Jenseits zu folgen. Die Schuld drückt ihn nieder, seine Gedanken wandern in die Vergangenheit, nicht nur zu schönen gemeinsamen Zeiten, sondern auch zu Abenteuern, die mit körperlichen Verletzungen endeten, bei denen sie aber immer füreinander da waren.

Erst im Laufe der Zeit erfuhr ich als Leserin, warum Prometheus sich selbst anklagt. Durch Zufall trifft er am Strand in Dänemark auf zwei ältere Frauen, die eine Pferdezucht betreiben und einige Gästezimmer anbieten. Die beiden begegnen ihm aufgeschlossen und geben ihm den nötigen Freiraum sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen, während sie unaufdringlich für ihn da sind. Bei ihnen begegnet er einer naturverbundenen Lebensweise mit Kenntnissen, welche alt und bewährt sind und manchmal mystisch.

Die Autorin kennt sich in der Sterbe- und Trauerbegleitung aus und daher sind ihre Beschreibung der Auseinandersetzung von Prometheus mit dem Tod des Freundes authentisch. Ihr Schreibstil berührt tief und dennoch gelingt es ihr in bestimmten Situationen einen heiteren Tonfall anzuschlagen und damit die ergreifende Stimmung des Romans aufzulockern. Als studierte Biologin spürte ich Jasmin Schreibers Zuneigung für Flora und Fauna, denn sie bindet Wissenswertes und Unterhaltsames beispielsweise über Pferde und Mauersegler in ihre Geschichte ein. Wer den Roman „Marianengraben“ der Autorin gelesen hat, erlebt eine kurze Erinnerung an eine der Figuren in der Erzählung.

Mit ihrem Roman „Der Mauersegler“ schafft Jasmin Schreiber es erneut, mich emotional zu berühren durch die Auseinandersetzung des Protagonisten mit einer abrupt endenden langjährigen Freundschaft und seine Mitverantwortung daran. Gerne empfehle ich den bewegenden Roman weiter.