Freundschaft und Vergebung

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alice pleasance Avatar

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Das Debüt „Marianengraben“ von Jasmin Schreiber war im vergangenen Jahr eines meiner Lesehighlights. Daher habe ich mich auf ihren zweiten Roman gefreut und war sehr gespannt, da „Der Mauersegler“ wie schon das Debüt die Themen Verlust und Trauer behandelt. Obwohl die Ausgangslage in beiden Romanen eine ähnliche ist, unterscheiden sie sich doch auch grundlegend. Im Gegensatz zu „Marienengraben“ erzählt „Der Mauersegler“ die Geschichte einer tiefen Freundschaft und der Suche nach Vergebung.

Ohne Erklärungen landet man direkt mitten in der Geschichte und lernt den sichtlich orientierungslosen Protagonisten Prometheus, der mit erstem Namen eigentlich Marvin heißt, kennen. Genauso orientierungslos wie dieser ist man selbst zunächst, da sich die Ereignisse, die zu Prometheus Flucht geführt haben, erst nach und nach in Rückblicken offenbaren. Die gehetzte, getriebene Stimmung des Protagonisten überträgt sich dadurch auch auf den Leser. Auf diesen ersten Seiten wird Schreibers Erzähltalent schon deutlich. Sie fängt die Stimmungen der Figuren ein und macht sie für die Leser*innen erlebbar. Dazu tragen insbesondere auch ihre wunderschönen Beschreibungen der Flora und Fauna bei. Sie verwendet erfrischend passende Vergleiche und Metaphern, die ich so noch nie gelesen habe.

Die Figuren in Schreibers Romanen wirken mit ihren jeweiligen Eigenheiten authentisch, wenn auch nicht immer sympathisch. So ist Prometheus insbesondere zu Beginn definitiv kein Sympathieträger, doch werden seine Gefühle und die daraus resultierenden Handlungen mit der Zeit nachvollziehbar. „Der Mauersegler“ ist trotz der tragischen Ereignisse und der Verarbeitung eines schweren Verlusts keine ausschließlich traurige Lektüre, sondern enthält auch immer wieder tragikomische Szenen und am Ende eben auch Hoffnung.