Sehr berührend

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aoibheann Avatar

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Schon von Jasmin Schreibers erstem Roman war ich sehr begeistert. Und auch "Der Mauersegler" hat mich nicht enttäuscht.

Beschrieben wird die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft zwischen Jakob und Prometheus. Beide kennen sich von Kindesbeinen an und sind unzertrennlich. Diese tiefe und innige Verbundenheit erhalten sie sich bis ins Erwachsenenalter. Bis Jakob seinem besten Freund eine Hiobsbotschaft mitteilt, die das Leben aller verändern wird. Prometheus sitzt zwischen allen Stühlen - seine eigene Familie, die Familie Jakobs, Frau und Freundin. Die Erwartungen an ihn scheinen hoch, fast erdrückend. Als das Schlimmstmögliche eintritt, sieht Prometheus nur noch die Flucht aus seinem Leben als einzigen Ausweg.

Ich war tief bewegt von diesem Buch. Ich mag die Art der Autorin Gefühle in besonderen Situationen so greifbar zu schildern. Sie benutzt dafür sehr bildliche aber absolut passende Vergleiche. Prometheus ist kein eindeutiger guter oder schlechter Charakter. Er hat Züge, bei denen ich einfach nur dachte "Was für ein Blödmann!" und dann wieder ist von dem Druck und den an ihn gestellten Erwartungen so überfordert und so zerrissen, dass es mir in der Seele wehtat ihn so leiden zu sehen.
Die Autorin hat ein Händchen für außergewöhnliche Figuren. Und so sind ihr auch Prometheus "Retterinnen" nicht gerade als durchschnittlich zu bezeichnen. Helle und Auslaug könnten unterschiedlicher nicht sein. Die eine rauhbeinig und nach außen sehr schrott auftretend. Die andere weicher und sanfter, fröhlicher und um das Wohl ihrer Mitmenschen bemüht. Und doch sind beide auf ihre eigene Art herzenswarm und nehmen den gestrandeten Prometheus auf, damit er wieder zu sich selbst findet. Während seines Aufenthalts bei den beiden Frauen durchlebt Prometheus alle Phasen der Trauer. Auch wenn er dies zuerst zu verdrängen versucht, ist es doch Aslaug die treffend feststellt: "Er muss trauern. Da muss er jetzt alleine durch."

Ihren Schreibstil mag ich besonders. Ich empfinde ihn als frisch und frei von der Leber weg. Dabei trifft sie trotzdem den richtigen Ton und schafft eine sehr intime Athmosphäre. Die Balance zwischen humorig, ernst, mitfühlend und philosophisch ist ihr bei diesem Buch sehr gut gelungen. Und es hat mich sehr gefreut, einen kleinen Verweis auf die Figuren ihres ersten Buches zu finden.