Tragik und Komik eng verwoben

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druckdeufel Avatar

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Ein Arzt namens Prometheus ist in seinem Auto in ohne konkretes Ziel Richtung Norden unterwegs. Offenbar befindet er sich im totalen emotionalen Ausnahmezustand und scheint auch körperlich am Ende. Zu ahnen ist, dass er den Freitod als Lösung erkennt, und tatsächlich versucht er es. Doch dann kommt alles anders.
Jasmin Schreibers Talent ist neben ihrer originellen, frischen Sprache und den sprudelnden Ideen die Fähigkeit, Tragik und Komik so zu verknüpfen, dass ihre Bücher Gefühle einer umfassenden Spannbreite transportieren. Das konnte sie bereits bei „Marianengraben“ unter Beweis stellen.
Wie in ihrem ersten Buch geht es auch hier um die Verarbeitung eines Todes, um tiefe Verbundenheit, um Schuldgefühle.
Stück für Stück erfahren wir die Gründe für Prometheus´ Verzweiflung. Seine Erinnerungen sind überwältigend, beinahe präsenter als die tatsächliche Gegenwart. Mal nehmen sie ganze Kapitel ein, dann wieder sind sie wie beiläufig als Assoziationen in Klammern an andere Sätze angehängt. Die Zeitebenen sind eng verwoben, die Emotionen kreisen ausschließlich um den erlittenen Verlust seines Freundes Jakob und den eigenen Anteil an dessen Tod, den er sich zuschreibt.
Man merkt der Autorin die Biologin an. Vielfach werden Fauna und Flora in die Erzählung integriert. Als Zuschauer, als Metapher. So auch der Mauersegler, dem der Himmel näher ist als die Erde, und der sein Leben im Flug verbringt.
Die Einbeziehung der Tiere wird allerdings etwas überstrapaziert. Inwieweit die häufigen und wiederholten Erwähnungen mancher Tierarten sowie Ansätze zur Vermenschlichung der Geschichte förderlich sind, mag subjektiv unterschiedlich bewertet werden. Dasselbe ist über den Humor zu sagen, der hier mitunter slapstickartig den Ernst des Problems unterwandert, sowie über über die Sentimentalität, die in manchen Situationen übermächtig wird.
Dennoch werden Prometheus´ Schmerz, seine Zerrissenheit und sein Gefühl der Ausweglosigkeit facettenreich und glaubhaft dargestellt und machen den Roman lesenswert.