Von Trauer, Freundschaft und Schuld

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
petris Avatar

Von

Prometheus ist auf der Flucht, mit erstem Name heißt er eigentlich Marvin, doch schon als Kind hat er durchgesetzt, mit seinem zweiten Namen angesprochen zu werden. Er ist Arzt, und irgendetwas ist passiert. Er fühlt sich schuldig, und er muss auch tatsächlich Schuld auf sich geladen haben, denn bevor er seine SIM-Karte zerstört, erfährt er noch, dass die Polizei nach ihm sucht. Ist es der Tod seines besten Freundes? Ist er dafür verantwortlich? Sein Versuch, ins Meer zu fahren, geht schief, er wird von zwei alten Frauen aufgelesen und findet Unterschlupf auf ihrem Pferdehof und dort Raum und Zeit, sich seiner Schuld zu stellen.
Sehr emotional erzählt Jasmin Schreiber diese Geschichte, lebendig wird sie auch durch die vielen Naturbeobachtungen, die sie einflicht. Es ist eine Geschichte von Freundschaft, von starken Frauen, von Schuld, von Punkten, an denen jemand falsche Entscheidungen trifft, von „gut gemeint“, das schrecklich schief gehen kann, aber auch von Verzeihung. Sie wechselt zwischen Rückblicken in die Vergangenheit, Naturbeobachtungen, Prometheus aktueller Innenschau und kurzen Dialogen zwischen den beiden Frauen, die Prometheus aufgelesen haben, ab. Es sind Szenen der engen Freundschaft von Jakob und Prometheus als Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, Erinnerungssplitter, die Prometheus nicht verdrängen kann und Szenen der großen Trauer, Schuld und Verzweiflung, in der sich Prometheus aktuell befindet.
Der Roman ist schön zu lesen, ich konnte ihn nicht mehr weglegen, wollte herausfinden, was wirklich passiert war. Ich mag Jasmin Schreibers Sprache und finde wie schon bei „Marianengraben“, dass sie eine sehr begabte Autorin ist.
„Marianengraben“ hat mich vom Thema her noch etwas mehr begeistert, aber auch „Der Mauersegler“ ist wieder ein sehr lesenswerter Roman. Ich werde ihn wärmstens weiterempfehlen.