Arg konstruiert

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sago Avatar

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Zunächst ein großes Lob für die Aufmachung dieses Taschenbuches. Ich liebe es einfach, wenn der Buchschnitt bedruckt ist. In diesem Fall setzt sich das Kirschblüten-Motiv von der Vorderseite auf dem Buchschnitt fort.
Inhaltlich bietet „Der Mondscheingarten“ leider nichts Außergewöhnliches. Um es gleich vorwegzunehmen: Die Geschichte um eine geheimnisvolle Geige und ihre Besitzerinnen ist doch arg konstruiert. Lilly, eine Berliner Antiquitätenhändlerin, bekommt dieses Instrument von einem Fremden geschenkt und begibt sich auf Spurensuche, die sie nach London, Italien und Sumatra führt. Wann immer Lilly nicht weiter weiß, erscheint wie von Zauberhand die richtige Person. Ihre engste Kindheitsfreundin ist Expertin für alte Musikinstrumente, im Flugzeug nach London ist ihr Sitznachbar Leiter einer Musikschule, frisch geschieden, umwerfend attraktiv und bald ihr neuer Partner. Natürlich leitet er genau die Musikschule, an der die Vorbesitzerinnen der Geige studiert haben. Lillys Freundin hat wiederum genau am richtigen Ort für die weitere Spurensuche in Italien einen Palazzobesitzer zum Freund. Dessen Freund ist Experte für Entschlüsselung von Codes, auch in Musikstücken. Im Flugzeug nach Sumatra findet sich ein hilfsbereiter Holländer, der vor Ort als Übersetzer und Ortskundiger genau die richtigen Hinweise geben kann. Obwohl sich Lilly von ihm bedrängt fühlt, erweist er sich praktischerweise als homosexuell und stört so die neue Liebe nicht. Meine Güte, so viel deus ex machina habe ich noch in keinem Buch erlebt.
Wesentlich mehr hat mich die in Rückblenden dazwischen gestreute Geschichte der Geigenvorbesitzerinnen gepackt. Allerdings erweist sich der Roman hier als unglücklich konstruiert, denn bei allen „Geheimnissen“, die ohnehin auf der Hand liegen und nicht so spektakulär sind, dass sie den ganzen Aufwand rechtfertigen würden, ist der Leser dadurch der ermittelnden Lilly stets einige Schritte voraus. Zudem weist der Roman eine Fülle von verunglückten und von adoptierten Personen auf, das ist einfach zu viel des Schlechten. Auch dass sich zum Schluss Lilly und ihre beste Freundin auch noch als Schwestern herausstellen, ist einfach viel zu dick aufgetragen. Zudem ist die Liebesgeschichte zu Musikschulleiter Gabriel etwas groschenromanhaft. Ich gebe es zu, der Roman stammt nicht aus meinem Lieblingsgenre. Dennoch gibt es auch bei solchen Frauenromanen hervorragende Erzählkunst. Hier wäre zum Beispiel Kristin Hannah zu nennen. Wenn ich Frau Bomanns Stil auch als recht angenehm empfand, vor allem bei den Rückblenden, kann sie leider in keiner Hinsicht mit den Werken Hannahs mithalten. In meinen Augen ist „Der Mondscheingarten“ sehr sehr seichte Strandlektüre. Zwar habe ich das Buch recht gern gelesen, zumal ich auch das Glück hatte, es zu gewinnen. Hätte ich es gekauft, wäre ich wohl doch enttäuscht gewesen. Den dritten Stern spendiere ich nur für die schöne Gestaltung des Buches.