Etwas ist faul in dieser Familie

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Der Nachlass, Thriller von Jonas Winner, 350 Seiten erschienen im Heyne-Verlag.
75 Millionen zu vererben, eine seltsame Familie, ein Wettkampf um das Erbe und nur einer kann gewinnen, wie weit werden sie gehen?
Hedda Laurent liegt im Sterben, noch einmal versammelt sie ihre Familie um sich. Der alte Familiensitz liegt auf einer Insel, in einem See, in Berlin. Sie hinterlässt ein seltsames Testament. Das riesige Millionenvermögen soll zusammenbleiben, 27 Aufgaben gilt es zu bestehen. Wer kann die meisten Challenges für sich entscheiden und erbt am Ende alles? Der Kampf um den Nachlass beginnt.
Das Buch gliedert sich in vier Teile, die in 68 Kapitel aufgeteilt sind, deshalb sind die einzelnen Leseabschnitte auch kompakt und übersichtlich. Belebt wird die Geschichte durch die äußerst mitreißenden Dialoge, Gedanken und Briefe sind durch kursive Schrift deutlich hervorgehoben. Winner erzählt diesen Thriller in mehreren Zeitebenen, die verschiedenen Zeitstränge sind durch Jahreszahlen und Datumsangeben kenntlich gemacht. Dies ist auch nötig, denn im Buch springt die Erzählung immer wieder zurück in die Vergangenheit in vergangene Jahre, oder auch nur ein paar Tage, von dort auch wieder zurück in die Gegenwart und in die Zukunft. Die Sicht der Geschehnisse ist immer wieder von einer anderen Person gewählt. Der Stammbaum vorne im Buch und auch die Liste der Aufgaben am Ende waren absolut hilfreich.
Zuerst einmal, wäre zu erwähnen, dass ich das Buch in zwei Tagen gelesen habe. Spannung ist schon zu Anfang vorhanden und steigert sich immer mehr, Plottwists und ein unerwartetes Ende haben mich verblüfft. Und doch konnte ich das Buch nicht so recht genießen, denn den vorliegenden Plot musste ich immer wieder anzweifeln. Kann es wirklich sein, dass die Familienmitglieder so skrupellos, mitunter auch gegen sich selber handeln? Kann die Familiengeschichte die dem ganzen Verlauf zugrunde liegt tatsächlich so geschehen sein? Da bleiben mir doch, die einen oder anderen Bedenken. Ich finde die Handlungen, der agierenden Personen nicht nachvollziehbar, ja beinahe hanebüchen. Die Figuren sind durchweg unsympathisch, da habe ich keinen wirklich gerne gehabt. Was die ominöse Pfauenfrau mit der ganzen Tragödie zu tun hat, dahinter bin ich auch nicht gekommen, für einen gewissen Gruselfaktor war sie jedoch ganz brauchbar.

Die Auflösung am Ende und die Beweggründe des Täters sind für mich unglaubhaft und zu schnell abgehandelt.
Ich finde es hier nicht einfach ein abschließendes Urteil zu geben. Natürlich handelt es sich um keinen Tatsachenbericht, sondern um eine fiktive Geschichte. Trotzdem kann ich Thriller, die ich nicht ständig nach der Plausibilität hinterfragen muss, mehr genießen. Schade, ich habe mich eigentlich auf ein Buch gefreut, welches die menschlichen Abgründe, besonders wenn es um eine solche Erbschaft geht, so richtig aufzeigt. Auch die zeitliche Abfolge fand ich etwas verwirrend, da werden Personen ermordet, die sich im nächsten Kapitel wieder munter beim Hauchen und Stechen ums Erbe beteiligen, ich habe das zeitliche Durcheinander als Stilmittel unnötig gefunden.
Insgesamt möchte ich 3 Sterne von 5 möglichen vergeben. Leseempfehlung für die Leser, die solche, etwas skurrile Thriller gut finden.