Großartige Idee, die an der Umsetzung scheiterte

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„Der Nachlass“ beginnt vielversprechend. Man glaubt ein sehr unterhaltsames Buch vor sich zu haben. Gerade in dem Moment als das Testament offenbart wird und man sich dessen bewusst wird, dass die Figuren gegeneinander antreten müssen, um zu gewinnen, steigert sich die Spannung. Allerdings wird die Spannungskurve auch sehr häufig unterbrochen, weil der Autor mit der „Rückblick- und Vorschautechnik“ arbeitet. Auch wenn ich die Rückblicke teilweise verwirrend fand, so gefielen sie mir trotzdem mehr, als die Vorschau des Autors. Dadurch nahm er der Erzählung nämlich gänzlich die Spannung. Der Autor sprang ständig von der Gegenwart in die Vergangenheit und dann in die Zukunft und wieder zurück in die Gegenwart. Man wusste dadurch schon vorher, welche Figuren sterben werden. Das machte die Gegenwartserzählung leider nicht besonders spannend.

Insgesamt wirkte das Buch wie eine Parodie auf Agatha Christie Romane und die „Saw“ Filmreihe. Man hatte das Gefühl, dass der Autor den Leser bewusst schockieren wollte. Nach dem Motto: „Je abartiger, desto besser!“ Vermutlich gibt es Leser, die mehr damit anfangen konnten als ich. Aber für jemanden, der für „Saw“-Filme nichts übrig hat, ist das Buch definitiv nicht zu empfehlen.

Zusätzlich muss ich anmerken, dass der Autor die Handlung in Deutschland spielen lässt und dennoch darüber schreibt, dass die Mutter Hedda einen Arzt kommen lässt, der ihr Sterbehilfe leistet. Dabei ist Sterbehilfe in Deutschland verboten. Natürlich ist es nur ein Roman und alles daran ist fiktiv, aber aus der Tatsache, dass der Autor nebenbei von seinen Figuren im Hinblick auf das Testament das Wort „Pflichtteil“ fallen lässt, schließe ich, dass er sich in Bezug auf seine Rahmenhandlung der geltenden deutschen Gesetze bedienen wollte. Es ist zumindest wenig konsequent. Auch das Erwähnen des Pflichtteils wirkt teilweise so, als hätte irgendjemand von seinen Lektoren ihn auf die Idee gebracht das unbedingt in einem Satz zu erwähnen, damit man die Figuren nicht von Anfang an für unglaubwürdig hält, weil sich keiner von denen mit dem geltenden Erbrecht auskennt, obwohl sie alle es mehr oder wenig auf das Vermögen der Verstorbenen abgesehen haben.
Nebenbei gemerkt fand ich die Geistergeschichte aus der Vergangenheit irgendwie fehl am Platz, wenn man das Buch im Ganzen betrachtet.

Ich schwankte bei der Bewertung zwischen 2 und 3 Sternen, aber ich musste mich mit der fortschreitenden Handlung immer mehr zwingen weiter zu lesen und das ist für mich ein deutliches Indiz für 2 Sterne. Der Autor kann auf jeden Fall gut schreiben, aber dieses Buch überzeugte mich leider nicht. „Murder Park“ von Jonas Winner ist besser.
Ich wollte den „Nachlass“ unbedingt lesen, weil ich viel erwartet habe und ich muss zugeben, dass ich das Buch nach nur etwa der Hälfte noch viel besser bewertet hätte. Aber alles in allem nahm die Spannung und die Zuneigung zu diesem Buch leider von Seite zu Seite ab. Der Nachlass beruht auf einer großartigen Idee, die leider an der Umsetzung scheiterte.