Solider Thriller mit verschenktem Potential

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mufflpuff Avatar

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In seinem neuesten Thriller entwirft Autor Jonas Winner eine ungewöhnliche Situation. Hedda Laurent stirbt und lässt ihre Familienmitglieder um das potentielle Erbe einen Wettkampf austragen. So ungewöhnlich, so gut. Zu Beginn sind die Aufgaben, die zu erfüllen sind, noch harmlos und schnell zu erledigen, mit zunehmender Spieldauer werden die Aufgaben jedoch immer grausamer. Nach und nach fallen die anwesenden Menschen dem grausamen Spiel zum Opfer, bevor am Ende eine unerwartete Auflösung folgt, die es in sich hat, leider jedoch etwas arg konstruiert anmutet.

Die Konzeption des Buches wirkt in sich schlüssig, auch wenn einige Zeitsprünge, Rückblicke und Vorausdeutungen es nicht immer einfach machen der Handlung zu folgen. Auf 348 Seiten breitet der Autor die Geschichte aus, wobei das erste Drittel nur recht langsam in Fahrt kommt und für meinen Geschmack zu ausführlich auf die Vorgeschichte eingeht, bevor die Handlung an Fahrt aufnimmt. Die dann folgenden Beschreibungen sind nichts für schwache Gemüter, schaffen aber eine gelungene Thrilleratmosphäre, in der man sich immer fragt, was als Nächstes passieren wird oder wer für alles verantwortlich ist. Schade ist jedoch, dass es dem Autor nicht gelingt, den 10 Protagonisten Leben einzuhauchen. Die Charaktere bleiben fast durchgehend recht oberflächlich und man fiebert mit keiner Person besonders mit. An dieser Stelle hätte ich mir persönlich mehr Details gewünscht.
Zusätzlich wirkten die Aufgaben so, als ob sie nur als Beiwerk im Buch erwähnt werden, da sie teils nebensächlich sind, teils sehr schnell abgehandelt werden. Die Personen reißen sich ohne großes Zögern einen Zahn heraus oder erbrechen sich eimerweise. Wirklich?

Insgesamt ein solider und spannender Thriller, der im ersten Drittel ein paar Längen hat und leider etwas Potential verschenkt. Etwas weniger Brutalität und etwas mehr „Seele“ täten der Geschichte gut, nichtsdestotrotz ein durchaus lesenswertes Buch.